Kriminalfall Wastl: Verdächtiger geht straffrei

Heidi Wastl verschwand 2001, im Vorjahr kam es zum Prozess
Der OGH kippte das Urteil wegen Verjährung.

Schon der Freispruch vom Vorwurf des Mordes war für die Familie von Heidrun Wastl ein Schlag ins Gesicht. Noch bitterer ist für Witwer Paul und seinen Sohn allerdings das, was am Donnerstag der Oberste Gerichtshof (OGH) entschied. Der jahrelang Hauptverdächtige in dem Kriminalfall rund um die verschwundene Wiener Neustädterin (NÖ) geht völlig straffrei aus. Der OGH kippte die einjährige Freiheitsstrafe für Im-Stich-Lassen einer verletzten Person wegen Verjährung.

Der Vermisstenfall rund um die 37-jährige Kindergartenhelferin aus Wiener Neustadt hat Kriminalgeschichte geschrieben. Heidrun Wastl war am 28. September 2001 spurlos verschwunden. Von Anfang an hauptverdächtig war der Tischler Erich W. (43), der an dem Tag im Haus war, um eine Stiege auszumessen. Einige Tage nach dem Verschwinden seiner Frau fand Paul Wastl in seinem Briefkasten einen ominösen Abschiedsbrief. Dank eines Schriftgutachtens wurde Erich W. als Verfasser des Schreibens entlarvt. Er gab an, dass er mit dem Brief von sich ablenken wollte. Weitere Ermittlungen verliefen im Sand.

Anfang 2012 wurde der Fall wegen einer Reihe von Ermittlungspannen vom "Cold Case"-Management des Bundeskriminalamtes neu aufgerollt – mit Erfolg. Erich W. legte ein spätes Geständnis ab. Er sei mit Heidi Wastl an besagtem Tag im Wald gewesen. Dabei sei sie gestürzt und gepfählt worden. In Panik habe er sie zurückgelassen. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt glaubte nicht an die Unfallversion und klagte W. wegen Mordes an. Die Entscheidung des Schwurgerichts im vergangenen Juni fiel denkbar knapp aus: Bei Stimmengleichstand der Geschworenen (4:4) in der Frage des Mordes fiel die Entscheidung zugunsten des Beschuldigten aus. Das Urteil lautete auf zwölf Monate Haft für Im-Stich-Lassen einer Verletzten.

Schachzug

Erich W.s Anwalt, Ernst Schillhammer, erkannte die Krux an dem Urteil und brachte eine Nichtigkeitsbeschwerde ein. "Für dieses Delikt gilt ein Verjährungszeitraum von fünf Jahren", so Schillhammer. Die Generalprokuratur teilte die Rechtsansicht des Juristen und stellte einen Antrag auf "außerordentliche Wiederaufnahme", dem der OGH nachkam und der am Donnerstag das Urteil aufhob. "Mein Mandant ist heilfroh, dass es so ausgegangen ist. Die Entscheidung ist völlig richtig", erklärt Schillhammer.

Für Witwer Paul Wastl ist das Urteil nur "schwer zu ertragen": "Diese Entscheidung trifft mich hart. Aber was soll ich machen, das Leben muss weitergehen."

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