"Es hat niemand gejammert"

Prucher schaffte es vom provisorischen Polizeiwachmann zum Landespolizeidirektor
Polizeichef Franz Prucher über die Flüchtlingskrise, Terrorangst und seinen 60er.

Im Gespräch mit dem KURIER widerspricht der Landespolizeidirektor Kritikern, die behaupten, Niederösterreich würde eine Welle der Kriminalität erleben.

KURIER: Herr Landespolizeidirektor, der Kampf gegen den Terrorismus war in den vergangenen Monaten das bestimmende Thema. Was sagen Sie den Niederösterreichern, die Sie fragen, ob sie Angst vor Anschlägen haben müssen?

Franz Prucher: Meine Antwort lautet, dass es keinen hundertprozentigen Schutz gibt, aber dass wir sehr gut aufgestellt sind. Der Verfassungsschutz beobachtet ganz genau, geht jedem Hinweis nach. Das beweisen auch die Verhaftungen und Verurteilungen von drei Personen in Niederösterreich, die mit dem Islamischen Staat in Verbindung gebracht werden. Zudem sind wir in den Schulen unterwegs, weil die Prävention in diesem Zusammenhang ganz wichtig ist.

Die Polizei war auch bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise massiv gefordert.

Sie müssen sich vorstellen, dass zu Spitzenzeiten bis zu 5000 Menschen in der Betreuungsstelle Traiskirchen untergebracht waren. Wir hatten den Auftrag, für Sicherheit zu sorgen und das haben wir geschafft. Auch deshalb, weil wir ein großes Bundesland sind und über die nötigen Ressourcen verfügen. Die Waldviertler Kollegen etwa, die mussten um halb drei Uhr nachts aufstehen, damit sie um sechs ihren Dienst in Traiskirchen versehen konnten. Es hat niemand gejammert.

Aber ist die Polizei auch für ein weiteres Jahr Flüchtlingskrise gerüstet?

Wir sind guter Hoffnung, dass uns vom Innenministerium im kommenden Jahr noch zusätzlich Kräfte zur Verfügung gestellt werden. Aber ja, wir werden das schaffen. Auch weil uns das Land optimal unterstützt.

Wird es die Polizei-Dienststellen für Asylwesen auch 2016 geben?

Ja, denn wir sind das Bundesland mit den meisten Asylanträgen, die unmittelbar nach dem Aufgriff eingebracht werden. Und unsere Aufgabe ist es, diese Asylanträge rasch zu bearbeiten. Bei uns gibt es keinen Rückstand, das ist auch nicht selbstverständlich.

Es gab immer wieder Kritik, dass die normale Polizeiarbeit durch die Flüchtlingskrise vernachlässigt werden musste.

Das sehe ich überhaupt nicht so. Es gab heuer keinen ungeklärten Mordfall. Bei den Banküberfällen steht es 9:1 für uns. Es konnten auch Fälle geklärt werden, die schon Jahre zurückliegen.

Ist die Kriminalität heuer gestiegen oder gesunken?

Es sieht danach aus, als ob wir das gute Ergebnis vom Vorjahr (75.352 Delikte, Anm.) halten werden können. Allerdings sind die Zahlen etwas verzerrt, weil wir im Bezirk Baden so viele Anzeigen nach dem Fremdenpolizeigesetz haben. Wir kommen heuer auf 7000 bis 8000 Anzeigen gegen Schlepper. Schon im Sommer hatten wir eine Steigerung von 300 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und wenn es um das Thema Einbrüche geht: Auch hier sind die Werte konstant.

Ein kurioser Fall beschäftigte in den vergangenen Tagen auch die Polizei in Niederösterreich. Ist die Herkunft der 100.000 Euro aus der Donau nun schon geklärt? Es gibt die Vermutung, dass sie ein Pensionist versenkt haben könnte.

Warten wir ab, es wird noch ermittelt. Vielleicht erleben wir diesbezüglich aber eine Überraschung.

Sie wurden am 28. Dezember 60 Jahre alt. Damit auch Zeit, Bilanz zu ziehen?

Ja, schon. Ich bin jetzt seit 40 Jahren im Sicherheitsdienst und habe auch den Strukturwandel hin zu einer modernen Behörde mitgemacht. Ich war der letzte Sicherheitsdirektor und bin der erste Landespolizeidirektor.

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