Unterm Apfelbaum liegt keine Birne

Michael Heindl im jüdischen Museum in Eisenstadt: „Das größte Problem wäre, wenn wir alle das so hinnehmen, wie es ist“.
Der wohl populärste Säugling der zweiten Republik, Michael Heindl, wird bald 25 Jahre alt.

Die Eltern von Michael Heindl sind keine Unbekannten. Christine Heindl war Nationalratsabgeordnete der Grünen der ersten Stunde. Im Jahr 1990 stillte sie Michael im Parlament, was damals für einen Skandal sorgte.

Horvath Horst, ein Tausendsassa, organisierte 1993 unter anderem das Lichtermeer. Heindl selbst ist Aktivist in der Plattform Aktiv gegen Rechts.

KURIER: Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt, hat es einmal geheißen. Gilt das heute auch noch?

Michael Heindl: Das zählt nach wie vor. Ich glaub’, dass es ganz wichtig ist in den Bereichen, wo man nicht zufrieden ist, sich klar zu artikulieren. Das größte Problem wäre wenn wir alle das so hinnehmen, wie es ist. Es wird immer Leute geben, die sich so richten wie sie es brauchen, ohne Rücksicht auf die Gesellschaft.

Sie sind bei der Sozialistischen Jugend aktiv, veranstalten wie Ihr Vater Horst Horvath Demonstrationen. Sie sind aber nicht SP-Parteimitglied. Warum nicht?

Unterm Apfelbaum liegt keine Birne
BILD ZU APA VON HEUTE - 10 Jahre Grüne im Parlament - Die Abgeordnete Christine Heindl mit Baby im Parlament. (Archivbild 05.11.1990)
Ich habe mich immer als Sozialist definiert. Ich bin bei der SJ deshalb aktiv, weil ich seit meinem 15. Lebensjahr eine politische Tätigkeit gesucht habe. Und dort habe ich sie gefunden. Aber für mich stehen die politische Inhalte im Vordergrund. Und aktuell und auch in den letzten Jahren gibt es viel zu viele Punkte wo ich mit der SPÖ nicht zufrieden bin. Als SPÖler würde ich mich nicht sehen.

Bei welchen Themen der SPÖ haben Sie Probleme?

Die Thematik, wie mit Asylwerbern umgangenen wird. Auch die Art wie über die Steuerreform diskutiert wird. Das sind Kleinigkeiten, wo aber das große Ganze fehlt. Für mich fehlt, dass nicht gefragt wird wie es ’der kleinen Frau, dem kleinen Mann’ geht.

Seit wann sind Sie politisch aktiv, abgesehen Ihres Auftritts als Säugling?

Wie gesagt, seit meinem 15. Lebensjahr. In meiner Familie war Politik immer da. Ich war bei diversen Veranstaltungen, Demonstrationen, Kundgebungen oft dabei. Das prägt dann schon.

Als Ihre Mutter Sie im Parlament stillte machte diese Aktion die Runde. Werden Sie noch manchmal darauf angesprochen?

Ja. Weniger von meiner Generation, die kenne diese Aktion nicht. Erst kürzlich auf der Uni hat mich eine Professorin darauf angesprochen.

Wie beurteilen Sie die Aktion Ihrer Mutter?

Ich glaub’, dass meine Mama einen wichtigen und großen Schritt gemacht hat. Sie hat gezeigt, dass die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie in Österreich hinterherhinkt. Es hat ja damals auch International Wellen geschlagen. Nicht wegen der Aktion selbst, sondern, dass man sich in Österreich über Vereinbarkeit von Beruf und Mutter nicht einig ist.

Könnten Sie sich vorstellen, sich in eine FPÖlerin zu verlieben?

Wenn es eine Person ist, die vollkommen von der FPÖ überzeugt ist, mit Themen wie Ausländerfeindlichkeit, das ist für mich unvorstellbar, mich in diese Frau zu verlieben. Denn eine politische Einstellung zeigt ja auch den Charakter.

’Lieber bekifft ficken als besoffen fahren’, meint die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Julia Herr. Sehen Sie das auch so?

Ja, ich bin eindeutig der Meinung, dass man bei Cannabis und Alkohol eine Doppelmoral fährt. Das Problem liegt darin, dass Leute damit ein Geschäft machen.

Ihrer Erfahrung nach: Rauchen viele Jugendliche Marihuana?

Eindeutig, aber nicht nur Jugendliche. Es ist ganz einfach präsent. Es wäre sinnvoll Leute, die rauchen, nicht zu kriminalisieren, sondern mit ihnen über die Gefahren zu sprechen.

Sie spielen nicht 6 aus 45. Angenommen Sie machen eine Ausnahme. Und prompt gewinnen Sie einige Millionen Euro. Was würden Sie mit dem vielen gewonnen Geld machen? Würden Sie in Österreich weiter demonstrieren oder eine Weltreise starten?

Ich würde auf jeden Fall weiter politisch aktiv bleiben. Natürlich würde ich eine Reise machen, die ich mir jetzt nicht leisten kann. Es ist ja kein Widerspruch eine schöne Zeit zu haben und politisch aktiv zu sein.

Was bedeutet für Sie persönlich Reichtum?

Nicht viel. Ich brauche nicht sieben Autos, keinen Privatjet. Es ist für mich kein erstrebenswertes Lebensziel reich zu werden. Natürlich will ich einmal so verdienen, um ein angenehmes Leben führen zu können.

Was fällt Ihnen zu Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl ein?

Ich muss leider sagen, die Aussagen über ’Integrationsunwilligkeit’ stören mich sehr. Ja, er ist Landeshauptmann, SPÖ Spitzenkandidat bei den Landtagswahlen. Er ist ein einflussreicher Politiker.

Was gefällt Ihnen am Burgenland?

Das Burgenland ist eine sehr schöne Umgebung. Ich bin gerne hier, aber Wien gefällt mir auch sehr gut.

Michael Heindl wurde am 2. 7. 1990 geboren, verbrachte seine Jugend zeitweise in Wien und im Burgenland. Er studiert Volkswirtschaft, weil er sie als Sozialwissenschaft versteht. Sich anschauen wie man problemloser leben kann. Er ist kein Vertreter des Neoliberalismus, aber dafür Rapid Anhänger. Er geht – so oft es seine Zeit erlaubt – gerne ins Stadion. Auf internationaler Ebene steht er auf Arsenal. Ein ganz zentraler Punkt für ihn ist es, sich mit Freunden zu treffen. Er isst gerne Sushi, "haglich" sei er nicht.

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