Psychische Krankheiten: Dunkelziffer steigt

Laden zu Filmen für die Seele: Pro mente-Obmann-Stellvertreterin Blagusz (3.v.r.), Arnold Fass (3.v.l.), LR Darabos
Jeder Vierte ist einmal im Leben von einer psychischen Erkrankung betroffen. Eine Filmreihe widmet sich dem Thema.

Nicht Nein sagen zu können, der Zwang es allen recht machen zu wollen und sein Perfektionismus: Irgendwann wurde es Arnold Fass zu viel. Die Diagnose: Rezidivierende depressive Störung. „Das heißt, die depressiven Episoden kamen immer wieder“, schildert Fass. Bis er den Weg aus der Krise fand. Jetzt hilft Fass anderen Betroffenen: In Forchtenstein hat er eine Selbsthilfegruppe initiiert. Mittlerweile gibt es eine solche auch in Oberwart und Eisenstadt. 80 Prozent der Besucher sind Frauen. „Sie sind eher bereit, über ihr Gefühle zu reden. Ihm ist es wichtig, psychische Krankheiten zu enttabuisieren.


Fass’ Weg war ein steiniger. Schon das Aufstehen bereitete ihm Qualen, erzählt er. Das Bewältigen des Alltags schien schier unmöglich. „Oft hörst du von deinen Mitmenschen: ’Reiß dich zusammen’. Aber das ist das Schlimmste was man einem Betroffenen sagen kann“. Der ehemalige Hauptschulpädagoge verlor seinen Job. „Als ich im Krankenhaus lag und meine Frau die Scheidung verlangte, war das der Tiefpunkt.“ Bis zu dem Zeitpunkt, als ihm ein Arzt eine Langzeittherapie vorschlug. 13 Wochen lang wurde er im Psychosomatischen Zentrum in Eggenburg behandelt. Die Psychotherapie, so ist Fass überzeugt, sei für ihn noch wichtiger gewesen als die Medikamente. „Ich hatte das Glück, eine Therapeutin zu bekommen, die mir geholfen hat. Ich bin draufgekommen, welche Verhaltensmuster ich an mir ändern muss.“ Aus der Klinik entlassen habe er versucht, das neu erworbene Wissen im Alltag anzuwenden. „Das ist mir immer besser gelungen. Ich habe gelernt, mich von meinem Perfektionsimus zu verabschiedet. Und ich kann jetzt auch Nein sagen.“ Er habe gelernt, das zu tun, was er möchte und nicht das, was die anderen erwarten, sagt Fass.
Eine psychische Erkrankung, so Fass, sei nicht zu 100 Prozent heilbar. „Aber man kann lernen, ein glückliches Leben zu führen.“

Jeder Vierte betroffen
Jeder Vierte leide zumindest einmal in seinem Leben vorübergehend an einer psychischen Krankheit, sagt Gesundheitslandesrat Norbert Darabos (SPÖ). Trotzdem werden psychische Erkrankungen noch immer als Stigma wahrgenommen. Das erhöhe wiederum den Leidensdruck der Betroffenen. Wie viele Erkrankte es im Burgenland gibt, ist nicht klar. Die Dunkelziffer sei hoch und nicht jeder begebe sich auch in Behandlung. „Es steht aber fest, dass psychische Erkrankungen weltweit zu den führenden gesundheitlichen Problemen zählen. Und die Zahl der Neuerkrankungen nimmt stetig zu“, sagt Eva Blagusz, Obmann-Stellvertreterin von pro mente Burgenland. Anders als bei einem gebrochenen Fuß sehe man den Betroffenen die Krankheit nicht immer optisch an. „Aber es ist wie ein Dornenkranz, den man innerlich trägt und der einen schmerzt“, erklärt Blagusz.
Um die Aufmerksamkeit auf die Würde der Menschen zu richten, so Blagusz, ladet pro mente Burgenland u.a. gemeinsam mit dem Verband für Psychotherapie, dem Landesverband für Selbsthilfegruppen und dem Psychosozialen Dienst (PSD) noch bis 13.Oktober zu einer Kinoreihe unter dem Thema „Psychische Erkrankungen“. In Mattersburg (10.Okt), Illmitz (11.Okt.), Oberpullendorf (12.Okt.) und in Oberwart (13.Okt.) – jeweils ab 18 Uhr – gibt es zum Thema passende Filme. Die Vorstellungen sind kostenlos. Im Anschluss haben Experten des psychosozialen Bereiches auch ein offenes Ohr für Fragen und Anliegen der Besucher.

www.promente-bgld.at
www.BLP.at
www.hpe.at

Im Burgenland startet ein Projekt zur Stärkung der psychosozialen Gesundheit von Arbeitnehmern. Fünf burgenländische Betriebe mit rund 900 Mitarbeitern sollen unter der wissenschaftlichen Begleitung durch die Forschung Burgenland gesundheitsfördernde Maßnahmen setzen sowie Mitarbeiterbefragungen starten, erläuterte Projektleiterin Katharina Hauer am Montag.
Mit dabei sind das Krankenhaus Oberpullendorf, das Rote Kreuz Burgenland sowie das Textilunternehmen Vossen, die Tischlerei Schloffer und der Integrations-Verein Vamos. Auch die Führungskräfte der Betriebe sollen an den Aktivitäten teilnehmen, so Hauer.
Das Projekt wird durch den Fonds Gesundes Österreich, die teilnehmenden Betriebe sowie den Burgenländischen Gesundheitsförderungsfonds finanziert und ist auf 36 Monate begrenzt. Unterstützt wird die Initiative durch die Forschung Burgenland, eine Tochter der Fachhochschule Burgenland.

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