Mandatskrimi: Zustellungsbevollmächtigte im Visier

Mandatskrimi: Zustellungsbevollmächtigte im Visier
Am 9. Juli soll die Konstituierung des Landtags samt Wahl der rot-blauen Regierung stattfinden. Die Mandatsvergabe sorgt innerhalb der SPÖ weiter für Turbulenzen.

Noch liegt das von Landtagspräsident Gerhard Steier (SPÖ) in Aussicht gestellte Gutachten zur Überprüfung der "fragwürdigen" Mandatsvergabe nach der Landtagswahl nicht vor, aber darin wird wohl auch die Rolle der "Zustellungsbevollmächtigten" kritisch beäugt. Meist handelt es sich um die Parteichefs oder Landesgeschäftsführer, die unter gewissen Umständen Landesmandate abseits der Listenreihung "freihändig" vergeben können (§ 85 Landtagswahlordnung). Bekanntlich sehr zum Ärger der Großhöfleinerin Gabriele Titzer, die nicht mehr im Landtag ist, obwohl sie auf der Landesliste drei Plätze vor dem Eisenstädter SPÖ-Vizebürgermeister Günter Kovacs gereiht war. Auch Titzer will eine juristische Expertise einholen. "Ich halte die Vorgangsweise nicht für korrekt", sagte sie.

Dass Kovacs vom roten Zustellungsbevollmächtigten Robert Hergovich mit einem Landesmandat bedacht wurde, wird mit strategischen Überlegungen begründet. Weil auch Eisenstadts Bürgermeister und ÖVP-Landeschef Thomas Steiner im Landtag sitzt – übrigens auch dank Mandat abseits der Listenreihung – sollte Kovacs nicht leer ausgehen. Kovacs will am Mittwoch nichts zur "Causa Titzer" sagen. In der SPÖ ist man aber schwer verstimmt, dass Titzer ein Bundesratsmandat rundweg abgelehnt habe, als sei ihr das zu minderwertig.

Die starke Stellung der Zustellungsbevollmächtigten ist laut Wahlrechtsexperten jedenfalls eine burgenländische Besonderheit, die demokratiepolitisch sehr bedenklich sei. Allenfalls in NÖ gebe es eine vergleichbare Regelung.

In der Steiermark, wo wie im Burgenland am 31. Mai gewählt wurde, gebe es derlei nicht, stellt Wahl-Referatsleiter Manfred Kindermann klar. Die Zustellungsbevollmächtigten seien in der grünen Mark bloß Kontaktpersonen für die Wahlbehörde – ohne eigene Gestaltungsmöglichkeiten wie im Burgenland.

Robert Stein, Wahl-Abteilungsleiter im Innenministerium, geht noch einen Schritt weiter: Auf Bundesebene brauche es vor der Mandatsvergabe an einen weiter hinten gereihten Kandidaten schriftliche Verzichtserklärungen der davor liegenden, die leer ausgehen. Ob er dem künftigen burgenländischen Landtag in diesem Punkt eine Reform der Landtagswahlordnung empfehle? Stein: "Als Experte ja, als Bundeswahlleiter und Organ des Innenministeriums halte ich mich raus." Stein stellt aber dezidiert klar, dass die Landeswahlbehörde, die ebenso wie der Verfassungsdienst die Vergabe durch Hergovich bestätigte, keinen Fehler gemacht habe: Sie habe "gesetzeskonform" gehandelt – eben auf Grundlage der geltenden Landtagswahlordnung. Das hat im Auftrag des Landes auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer untermauert, das entsprechende zweiseitige Gutachten wurde jetzt veröffentlicht.

Hergovich verteidigt die Entscheidung, die er zudem mit Rückendeckung durch Parteivorstand und Landeshauptmann Hans Niessl getroffen habe: Ohne diese Möglichkeit bliebe etwa der Bezirk Jennersdorf ohne Mandatar. Und Vorzugsstimmenmandate seien ohnehin nicht disponibel, weist der designierte Klubchef die unumschränkte Verfügbarkeit über Landesmandate zurück. Also kein Grund für eine Reform des Zustellungsbevollmächtigten? "Nein, das Modell hat sich bewährt". Hergovichs ÖVP-Vis-a-vis Christian Sagartz sieht‘s ähnlich, wenn auch aus ganz anderen Gründen: "Nur weil in der SPÖ das Chaos regiert, folgt daraus noch kein Handlungsbedarf."

Kommentare