Flüchtlingsquartier in Gemeinde soll Bonus statt Malus bringen

Turnsaal im Bundesamtsgebäude der Landespolizeidirektion in Eisenstadt wurde für die Aufnahme von Flüchtlingen umfunktioniert
Grüne wollen Änderung bei Quartiersuche, Experte sieht lokale Politik als Blockierer.

Die Grünen haben einen Traum – die Aufnahme von Flüchtlingen soll nicht länger als Malus gelten, sondern in Gemeinden als Bonus empfunden werden. Statt Kommunen und Bürger vor vollendete Tatsachen zu stellen, möchte Burgenlands Grünen-Chefin Regina Petrik, dass Gemeinden selbst aktiv werden. Menschen, "die gerne helfen", gebe es jedenfalls genug. Petrik: "Vielleicht machen es uns andere Bundesländer nach."

Das Land sollte die Adaptierung eines leer stehenden Gebäudes finanzieren und die Gemeinde damit einen "Humanitätsbonus" erhalten. Gemeindebürger können in die Versorgung der maximal 20 bis 30 Flüchtlinge eingebunden werden – von Deutschkursen bis zum Arztbesuch. Rechtliche und sozialpädagogische Betreuung der oft traumatisierten Menschen komme weiter von professionellen Einrichtungen wie Caritas oder Diakonie. Aus dem Büro von SP-Landesrat Peter Rezar hieß es, die Grundversorgungsstelle des Landes prüfe jeden Antrag. ÖVP-Vizelandeshauptmann Franz Steindl hält den Vorschlag der Grünen für "diskussionswürdig".

Aber besteht im Burgenland überhaupt Bedarf für die von Petrik skizzierten "neuen Wege" in der Flüchtlingsbetreuung? 909 Asylwerber (von bundesweit mehr als 26.600) müssen im Land untergebracht werden. 875 waren es am Freitag, 96,3 Prozent. Zuletzt wurde im Turnsaal der Landespolizeidirektion Platz für 40 Flüchtlinge geschaffen, 36 Asylwerber aus dem vollen Erstaufnahmezentrum Traiskirchen sind aktuell einquartiert.

"Locker 100 Prozent"

"Dürfte ich alle angebotenen Quartiere nehmen, wären wir locker über 100 Prozent", sagt Wolfgang Hauptmann, Leiter der Grundversorgungsstelle. Für Petrik wäre es "kein Schaden, über die Quote hinauszugehen", statt nur das Nötigste zu tun. Hauptmann weiß auch, dass Quartiersuche oft an lokaler Politik scheitert, wobei Bürgermeister oft einsichtig seien, aber dem Druck von Teilen der Bevölkerung nicht standhielten. So würden viele Privat-Unterkünfte durch "sanften Druck" verhindert.

Allein am Freitag hat Hauptmann mehr als 20 Anfragen potenzieller Quartiergeber bekommen. Bis zu zehn Personen braucht es keine Gewerbeberechtigung. Mitunter hätten die Vermieter aber falsche Vorstellungen, pro Kopf und Nacht gibt es nur 9,50 Euro. Hauptmann wünscht sich noch heuer einen Anstieg bis 12 €. Und am liebsten würden Flüchtlingsfamilien aufgenommen. Aber: "Familien sind rar".

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