"Der Tatort fährt mit dem Täter mit"

"Der Tatort fährt mit dem Täter mit"
Interview mit Oberst Rainer Erhart, der die erfolgreiche SOKO-Kfz leitet, die Autoschieberbanden auf der Spur ist.

Im Landespolizeikommando Burgenland wurden die Mitglieder der SOKO-Kfz für ihren Einsatz ausgezeichnet. Oberst Rainer Erhart, Leiter dieser Sondereinheit, spricht im KURIER-Interview über seine kleine, aber schlagkräftige Truppe, die Professionalität der Kriminellen und das Problem mit den mobilen Tatorten.

KURIER: Herr Oberst, vor zwei Jahren wurde die SOKO-Kfz ins Leben gerufen. Wie darf man sich die Arbeit der Kriminalisten vorstellen?
Erhart:
Die SOKO-Kfz wurde errichtet, um in einem bestimmten Bereich der Eigentumskriminalität koordinierte und intensive Fahndungsmaßnahmen einzuleiten. Der Auftrag kam vom Bundeskriminalamt, weil der Diebstahl von hochpreisigen Fahrzeugen in Österreich massiv angestiegen war. Man wollte neben den Haus- und Wohnungseinbrüchen auch die Kfz-Kriminalität intensiv bekämpfen.

Wie sah der Beginn aus?
Wir haben zunächst einmal einen Ballon gestartet, um bestimmte Hypothesen zu überprüfen. Im Rahmen von Schwerpunktkontrollen haben wir überprüft, ob diese vermehrte Polizeipräsenz ein zielführendes Instrument ist, um Autodiebstähle aufklären zu können. In 72 Stunden haben wir dann über 20 Autos sichergestellt und zum Teil auch Täter geschnappt.

Welche Art von Kfz-Diebstählen behandelt die SOKO?
Wir befassen uns mit den Kfz-Diebstählen des organisierten Verbrechens. Es wurde daher eine Arbeitsdatenbank errichtet, in der alle aktuellen Fälle, Phänomene, aber auch Täterhinweise gespeichert sind. Mittels Analysen können wir möglichst schnell Schlüsse ziehen und Serien erkennen.

Worin liegt die Schwierigkeit in der Aufklärung von Kfz-Diebstählen?
Unser Problem ist, dass wir zwar einen Tatort haben. Aber unser Tatort ist mit dem Täter unterwegs. Wir können kaum klassische Tatortarbeit machen wie bei einem Hauseinbruch. Wir müssen hier anders vorgehen.

Und wie?
Bei uns läuft eine irrsinnige Überwachungsmaschinerie mit Schwerpunktaktionen, mit koordinierten Fahndungspatrouillen. Wir müssen analysieren, wo und wann werden Fahrzeuge gestohlen. Wenn wir dann einen Täter aufgreifen, können wir uns an diesem weiter voranarbeiten.

Sie haben unter anderem der BMW-Bande das Handwerk gelegt. Wie ist da der Stand der Dinge?
Auch hier haben wir im Zuge der massiven Überwachung einen Täter auf frischer Tat gestellt. Über ihn konnten wir dann die ganze Gruppierung von insgesamt 40 Personen ausheben. Die Haupttäter sitzen in Eisenstadt in Haft und warten auf ihre Verfahren.

Wie funktioniert die internationale Zusammenarbeit?
Wir sind mit den Nachbarländern, aber auch mit Polen und Litauen - zwei neue Märkte - sehr gut vernetzt.

Der internationale Kfz-Diebstahl ist ja ein florierender Wirtschaftszweig. Wie funktioniert das Geschäft?
Da steckt eine Struktur dahinter. Hochpreisige Autos können nur von Profis gestohlen werden. Es braucht ein arbeitsteiliges Vorgehen. Man benötigt Leute, die in der Lage sind, die Autos aufzubrechen und jemanden, der die Autos soweit präpariert, dass man sie in Betrieb nehmen kann. Da fallen hohe Investitionen an. Geräte, die in der Lage sind die Wegfahrsperren zu überwinden, kosten bis zu 10.000 Euro am Schwarzmarkt. Danach kommt die große Menge der Transporteure, die mit den Fahrzeugen über die Grenze fahren.

Wie läuft der Verkauf ab?
Man muss schauen, dass man die Pkw wieder auf dem Markt unterbringt. Die Autos werden in ihren Merkmalen verfälscht. Zum Beispiel werden die Fahrgestellnummern manipuliert, damit das Auto eine neue Identität hat. Dafür gibt es eigene Werkstätten.

Wissen die Käufer nie, dass es sich um gestohlene Autos handelt?
Als Laie kann man die Manipulationen nicht erkennen. Manchmal sind die Dokumente ja sogar echt, weil die Banden Schrottautos mit Originaldokumenten kaufen und die gestohlenen Fahrzeuge werden dann genau auf dieses existierende Originalauto hin verfälscht. Wir nennen das Schrottfrisierung. Für uns gibt es schon Wege, wie man die Autos identifizieren kann.

Die Banden sind im Laufe der Jahre sehr professionell geworden. Erschwert das die Polizeiarbeit?
Unser Problem ist einfach, dass die Täter auch wissen, wie die Polizei arbeitet. Sie bereiten sich auf Dinge ganz explizit vor. Sie machen kaum Fehler, wo die Polizei eingreifen könnte. Man muss immer wieder darauf hoffen und bauen, dass man mit konzentrierter Überwachung Täter auf frischer Tat oder noch beim Transport im Bundesgebiet erwischt. Aber das funktioniert noch immer recht gut. Aber es dauert leider nicht lange, bis die nächsten Täter da sind. Der Markt ist einfach zu lukrativ.

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