Supercuts als Filmkritik und Blödelei

Supercuts als Filmkritik und Blödelei
Fans sichten oft stundenlang Filmmaterial, um die besten Szenen für Supercuts zusammenzuschneiden.

Etwa 60 Stunden Videomaterial wird pro Minute auf YouTube hochgeladen. Die Palette der Videos reicht dabei von Katzenvideos über Trailer zu Kinofilmen bis hin zu verschiedensten Tutorials. Durch die Möglichkeit mit einem einfachen Schnittprogramm, das sich jeder User aneignen kann, eigene Videos zu erstellen, sind mit der Zeit auch neue Genres entstanden. Unterhaltsam und dabei oftmals sehr professionell sind dabei die so genannten Supercuts.

Anders als in den Mashups, die es ebenfalls zahlreich gibt, und die unterschiedliche und oft gegensätzliche Motive und Quellen verbinden, konzentrieren sich Supercuts auf einzelne Schauspieler, Kameratechniken, Handlungsabläufe oder Diaolge. Obwohl es den Begriff erst seit dem Jahr 2008 gibt, ist die Idee schon viel älter. Der Filmkritiker Tom McCormack konnte in seinem Essay „Compilation Nation“ die ersten Supercuts bis in die 1930er Jahre zurückverfolgen, als Joseph Cornell diverse Szenen der Schauspielerin Rose Hobart in einen surrealen 20-minütigen Film verwandelte.

2008 fiel dem US-Blogger Andy Baio die „obsessiv-zwanghafte Sammelwut“ von Filmfans auf. In einem YouTube-Video hatte er gesehen, wie die Szenen der Serie „Lost“ so zusammengeschnitten wurden, dass nur noch das „What?“ übrig blieb. Da es keine Alternativen gab, nannte er diese Art von Video „Supercut“.

Schon im Jahr 1995 wurde eine ähnliche Technik von Christian Marclay für seinen Kurzfilm „Telephones“ angewandt. Er klebte Szenen aus Hollywood-Klassikern aneinander, in denen Menschen miteinander telefonieren. So entstand eine eigenständige Erzählung in Form einer endlosen Telefonkette.

Auch der Student Bryan Menegus kam auf den Geschmack und schnitt alle Szenen mit Drinks zusammen, die in der Serie „Mad Men“ konsumiert werden, und das sind ja bekanntlich nicht wenige. Insgesamt zwei Wochen lang sah sich Menegus die komplette Serie an, um anschließend in drei Tagen die Szenen zusammenzuschneiden. Vom YouTube Kanal Slacktory bekam er dafür rund 150 US-Dollar für die exklusive Übernahme.

Obwohl viele Supercuts reine Blödeleien sind, gibt es doch einige Fans, die dadurch eine Form der Filmkritik sehen. Abgedroschene Phrasen, sich wiederholende Szenen und Schauspielstile lassen sich durch Supercuts schnell entlarven. Kristen Stewart etwa beißt sich in ihren Filmen auffallend oft auf die Lippe, fährt sich durch ihr Haar und stöhnt genervt.

Ebenso entlarvend ist die Arbeit von Kevin Porter. Die Redewendungen und Phrasen von Drehbuch-Autor Aaron Sorkin bezeichnet er als „Sorkinismen“, die sich in seinen Filmen ständig wiederholen.

Auch andere beliebte Mittel um den Zuseher zu fesseln, wie etwa der so genannte Spiegel-Schocker, werden durch Supercuts ad absurdum geführt.

Natürlich werden auch Actionfime in Supercuts auf die Schaufel genommen. Bruce Willis müsste im echten Leben wohl Unsummen an Geld für Sachbeschädigung etc. ausgeben.

Und auch Kultfilme wie „The Big Lebowski“ haben ihre großen Momente. Hier wurden etwa alle „Fuck“, die im Film vorkommen, von einem Fan zusammengeschnitten.

Wie kunstvoll Supercuts sein können, beweist Kogonada. Für ihn stellen seine Arbeiten Video-Essays dar, die eine bestimmte Ästhetik hervorheben sollen. Eine seiner bekanntesten Produktionen zeigen die so genannte Fluchtpunktperspektive, eine besondere Kameratechnik von Stanley Kubrick, mit welcher er ein beengendes Gefühl bei den Zuschauern hervorruft.

Die meisten Supercuts entstehen übrigens vor allem aus Spaß an der Freude. Andy Baio hat sich in den vergangenen Jahren mit dem Genre beschäftigt und erste Analysen unternommen. Das Ergebnis seiner Studie besagt, dass Supercuts durchschnittlich aus 82 Szenen bestehen und zu gut zwei Dritteln von Fans der jeweiligen Filme/Serien oder Schauspieler gemacht werden. Auf supercut.org sammelt Baio seit dem Jahr 2011 besonders gelungene Supercuts.

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