Von Räumen und Welten

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Glatte Fassade, fehlende Fensterüberdachungen: Das "Looshaus" am Wiener Michaelerplatz löste seinerzeit einen Architekturskandal aus. Für "heri & salli" ist es ein Bauwerk, dessen Idee sie gerne weiterdenken.

Mit manchen Gebäuden können wir uns mehr auseinandersetzen, mit anderen weniger und einige spiegeln für uns ein beiderseitiges gedankliches Verhältnis wider. Sehr gut funktioniert das aus unserer Sicht beim "Looshaus" am Wiener Michaelerplatz. Das "Haus ohne Augenbrauen", wie es der Wiener Volksmund nannte, wurde zwischen 1909 und 1911 von Adolf Loos errichtet. Die komplett glatte Gestaltung der Obergeschoßzone wurde zum Affront, die (fehlenden) Ornamente in der Fassade vehement kritisiert. Im Widerspruch zum damals vorherrschenden Historismus setzte Loos in diesem Fall auf ästhetischen Funktionalismus. Damit leitete er eine neue baugeschichtliche Strömung ein.

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Und genau hier fangen unsere persönlichen Erinnerungen und Gedanken an. Für uns ist entscheidend, wie man die Idee eines Gebäudes weiterdenken kann. Vielleicht kann man den Gedanken der fehlenden Verzierung an der Fassade thematisieren und das Gebäude selbst zum Ornament erklären. Vielleicht sind die Verzierungen eine Erweiterung des Bauwerks – oder ein Bruch mit dem Trägermaterial. Während diese reduzierten Oberflächen früher die Welten – eigentlich die Weltanschauungen – voneinander trennten, sind sie heute ein Vorbild, in dem die ganze Welt (der Architekturgeschichte enthalten) sein kann.

Vielleicht hat uns Adolf Loos mit diesem Gebäude den Gedanken mitgegeben, dass der Raum als nächster Schritt nur noch Körper und Begrenzung seiner selbst ist und die Oberfläche eigentlich gar nicht mehr benötigt wird.

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Heribert Wolfmayr (li.) und Josef Saller (re.) gründeten 2004 das Architekturbüro heri&salli in Wien. Kennengelernt haben sich der Oberösterreicher und der Salzburger beim Studieren in den 1990er-Jahren in Graz. Bekannte Projekte sind das „Flederhaus“, ein temporäres Holzhaus mit Hängematten, oder die „Wiener Gäste Zimmer“ in der Essigbrauerei Gegenbauer. Außerdem konzipierten sie die Ausstellung „Architektur im Schlaf“, die unter anderem in Berlin gezeigt wurde. Das Duo erhielt Auszeichnungen wie den Salzburger Holzbaupreis 2003 oder den Österreichischen Bauherrenpreis 2014. www.heriundsalli.com

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