Späte Rettung eines Kulturerbes
Lang, sehr lang hat es gedauert. Noch bröckelt der Putz, noch sind die Keller feucht. Bei den Fenstern zieht es, Balkon und Türen rosten. Jahrelang gab es Streit darüber, wer die längst fälligen Arbeiten an einem ewigen Sanierungsfall finanzieren soll.
Wiederbelebung
Aber jetzt wird ein berühmtes Ensemble an Baujuwelen endlich wieder auf Hochglanz gebracht. Ob es dabei für die zum Teil schon arg desolaten Häuser der Wiener Werkbundsiedlung "schon fünf nach" oder noch "fünf vor zwölf" ist, darüber debattierten Architekten und Denkmalschützer am Donnerstag beim Lokalaugenschein in Hietzing.
Der Verfall und die Altersschäden sind mehr als offensichtlich. Vor fast 80 Jahren waren an dem avantgardistischen Bauprojekt 32 teils weltberühmte Architekten - u. a. Adolf Loos, Margarete Schütte-Lihotzky, Gerrit Rietveld, Josef Hoffmann und Clemens Holzmeister - beteiligt. Dem Projekt-Leiter Josef Frank, einem brillanten Kritiker der "Volkswohnpaläste", weil er den Arbeitern mehr zutraute als die Mimikry bürgerlicher Wohnformen, ging es bei seiner nüchternen Werkbundsiedlung vor allem um funktionelle Lösungen.
Neues Wohnen
Die Siedlungshäuser mit Mustereinrichtungen sollten als Modell für leistbares Wohnen dienen und standen nach ihrer Fertigstellung der Öffentlichkeit zwei Monate lang, bis zum 7. August 1932, offen.
Trotzdem wurden 1932 nur 14 Häuser verkauft - die Unterkellerung machte die Objekte teuer. Errichtet wurde die Werkbundsiedlung von der Gesiba, einer dem Bund, der Gemeinde und dem Siedlerverband gehörenden Wohnbaugenossenschaft. Ursprünglich sollte die
Avantgardeanlage in der Nähe des Favoritner Wasserturms bei der Triester Straße entstehen. Frank erachtete den Standort jedoch als ungeeignet und setzte sich erfolgreich für Hietzing ein.
"Die bedeutendsten Baukünstler der Moderne haben hier - nach dem Vorbild der Weißenhofsiedlung in Stuttgart - 1930 bis 1932 Musterhäuser entwickelt", erklärt Friedrich Dahm vom Bundesdenkmalamt die kulturgeschichtliche Bedeutung. "In diesem Grätzel verdichten sich die Ideen der internationalen Architektur-Elite auf engstem Raum."
Die letzte Generalsanierung von Adolf Krischanitz in den 1980er-Jahren "waren nur kosmetische Maßnahmen", heißt es. Jetzt werden in einer ersten Etappe bis Sommer 2012 zunächst vier der insgesamt 48 Werkbundsiedlungshäuser - in der Woinovichgasse 16, 18 und 20 sowie der Veitingergasse 85 - um 1,3 Mio. Euro revitalisiert, mit rund 580.000 Euro von der Stadt Wien gefördert. Und in Absprache mit den Mietern.
Komplexe Maßnahmen
Detailgetreu nach den ursprünglichen Entwürfen geht man ans Werk in Absprache mit dem Denkmalamt und unter Einbindung von Fachrestauratoren für Holz- und Metallbauteile.
"Erneuerungsbedürftige Teile der Häuser - etwa auch jedes einzelne Fenster bis hin zu den Scharnieren - müssen in Handarbeit hergestellt werden", so SP-Wohnbaustadtrat Michael Ludwig.
Nachhaltig sollen die Maßnahmen sein. Und den Wohnkomfort der Mieter sollen sie erhöhen, etwa durch einen verbesserten Wärmeschutz. Aber der muss wiederum den Vorgaben der Denkmalschützer entsprechen.
Die Gesamtkosten für die Arbeiten wurden mit rund zehn
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