Martin Mostböck: Über Stil, Kunst und die Mondlandung

Martin Mostböck: Über Stil, Kunst und die Mondlandung
Im Rahmen der Ausstellung "AID – Architecture Interiors Design" präsentiert der Planer seine Arbeiten beim London Design Festival.

Das österreichische Kulturforum nimmt zum ersten Mal mit einer Ausstellung am London Design Festival teil und zeigt eine Werkschau von Ihnen. Wie kam es dazu und was bedeutet Ihnen das?

London ist im Augenblick der Hotspot, was Design betrifft. Vergangenes Jahr war ich selbst beim London Design Festival, dort ist die Idee zur Ausstellung entstanden. Zu meinen Themen Architektur, Interiors und Design wollte ich einen rot-weiß-roten Leitfaden erarbeiten, um zu zeigen, was in diesen Bereichen möglich ist. Es ist eine große Ehre, in einem solchen Rahmen auszustellen und sich international zu präsentieren.

Gehört Design ins Museum?

Im Kulturforum werden die Möbel nicht nur ausgestellt, sie können auch benutzt werden. Im Museum zu sein ist eine Anerkennung, wie ein Designpreis. Aber die Quintessenz von Möbeln ist, dass man gut darauf sitzt. Wobei ich beim "Best Friends Chair" eher davon abraten würde, Platz zu nehmen.

Wenn man sich Ihre Möbel wie den "Best Friends Chair" ansieht, ist der Übergang von Design zu Kunst fließend. Bedingt das eine das andere?

Martin Mostböck: Über Stil, Kunst und die Mondlandung
Meistens. Beim "Best Friends Chair" sicherlich. Eine gewisse Ironie ist für mich auch sehr wichtig. Man muss seine Mitmenschen dazu anregen, kritisch und offensiv über Architektur und Design nachzudenken. Ich bin einmal von einem guten Freund über den Tisch gezogen worden, der "Best Friends Chair" war meine Reaktion darauf. Design kann also auch eine Katharsis sein. Dass es das "Hackl ins Kreuz" auch als englische Redewendung gibt – "a stab in the back" – und somit international verstanden wird, habe ich erst später vom Kurator der Museum of Arts and Design erfahren.

Wie würden Sie Ihre Arbeit in einem Satz beschreiben?

Ich glaube, dass ich oberflächliches Styling weglasse und den Dingen auf den Grund gehe. Man darf Styling nicht mit Stil verwechseln. In vielen Lifestylemagazinen sieht man nur Styling, es geht aber um den eigenen Stil, und den kann man finden, egal, ob in der Architektur oder im Design.

Woran kann man gutes Design noch erkennen?

Je länger man es benutzt, desto größer wird die Wertschätzung. Man entdeckt Details und sieht, wie es in der Anwendung funktioniert. Es geht um Zeitlosigkeit. Eine Mainstream-Verweigerung kann auch ein guter Ansatz sein.

Welche Position hat österreichisches Design international?

Ich glaube schon, dass österreichisches Design bekannt ist, etwa durch das Designbüro EOOS. Das ist ein großes Aushängeschild. Ich bin Architekt und Designer und sehe mich in der Tradition von Architekten, die auch Design machen: Achille Castiglioni, Ettore Sottsass oder Alvar Aalto.

Wie beurteilen Sie die Architekturästhetik hierzulande?

Martin Mostböck: Über Stil, Kunst und die Mondlandung
In Österreich stehen viele Häuser, die wenig mit Architektur zu tun haben. Eine Aneinanderreihung von Räumen mit einem Dach darauf ist keine Architektur, sondern ein Haus. Das Auge muss für Architektur geschult werden. Das ist auch eine Frage der Bildung, die im österreichischen Schulsystem leider zu kurz kommt.

Was ist Ihr Lieblingsstück der aktuellen Ausstellung?

Der "Flaxx-Chair" und der "Flaxx-Table". Der Sessel hat eine samtige Oberfläche, man kann ihn fühlen, er greift sich sehr gut an. Das Material, Flachs, wird in Autotürverkleidungen eingebaut. Es ist leichter als Kunststoff und auch widerstandsfähig. Ich habe es genommen und einem neuen Sinn zugeführt. Der Sessel ist in seiner Materialität sehr haptisch, sehr lebendig, keiner gleicht dem anderen. Außerdem ist er zu 100% recyclingfähig.

Als Bub wollten Sie Astronaut werden. Was ist von diesem Traum übrig geblieben?

Martin Mostböck: Über Stil, Kunst und die Mondlandung
Ich habe mit meinem Vater, der auch Architekt war, gebannt die Mondlandung im Fernsehen verfolgt. Das war ein faszinierendes Thema: Astronauten, unendliche Weiten, der Raum und Architektur – das hat schon etwas miteinander zu tun, etwas mit der Sehnsucht, einen Raum zu formen. Die Ausstellung "AID – Architecture Interiors Design" ist von 19.9. bis 2.10. im Austrian Cultural Forum in London zu sehen.www.londondesignfestival.com

Wer ab 19. September London durchstreift, kommt neben herbstlichem Wetter, Big Ben und Tower Bridge zusätzlich in den Genuss eines der größten Designfestivals der Welt. Im Jahr 2003 ins Leben gerufen, um das kreative Potenzial der Metropole zu unterstreichen, bietet das Event heuer 400 verschiedene Veranstaltungen an neun Tagen. Die Themenbereiche umfassen Architektur, Interieur, Handwerk oder Grafik ebenso wie Sound oder Nachhaltigkeit.
Zu einer der markantesten Erscheinung dieses Zeitraums zählen die „Design Districts“, sieben ausgewählte Bezirke, die ein spezifisches Programm bereitstellen. Clerkenwell wartet etwa mit Showrooms internationaler Möbelmarken auf, Brompton mit dreißig Ausstellungen, darunter eine über die britische Designerikone Robin Day.

Martin Mostböck: Über Stil, Kunst und die Mondlandung
Ein guter Ausgangspunkt, um die zahlreichen Angebote zu erkunden, ist das Victoria and Albert Museum, das die größte Kunstgewerbe- und Designsammlung der Welt stellt und im Rahmen des Festivals zahlreiche Installationen präsentiert. „Curiosity Cloud“ des Wiener Studios mischer’traxler ist dabei eine der sehenswertesten: 250 mundgeblasene Lobmeyr-Gläser beherbergen je ein individuell angefertigtes Insekt, das via Sensor auf die Annäherung der Besucher mit zunehmender Bewegung reagiert. Weitere temporäre Kunstwerke können bei kostenlosen Führungen durch das V&A-Museum besichtigt werden.
Ein besonderes Highlight sind die verschiedenen Messen, die Zeitgenössisches von etablierten oder aufstrebenden Herstellern aus aller Welt präsentieren. Großbritanniens größte Designmesse „100% Design“ findet heuer erstmals in der Ausstellungshalle Olympia statt: Unter dem Motto „Design in Colour“ gibt es eine Vorschau auf die Farbtrends 2016 und Interieur auf zwei Ebenen. „Designjunction“ ist ebenso einen Besuch wert wie „Focus/15“ im Design Centre Chelsea Harbour, wo Interieur von 500 großen Marken ausgestellt werden.

Die meisten Events finden bei freiem Eintritt statt. Informationen und Termine:
www.londondesignfestival.com

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