Die Küche der Zukunft schon morgen

Die Küche der Zukunft schon morgen
In der Küche von morgen ist nichts mehr so, wie wir es kennen. Arbeitsflächen geben Anweisungen, der Herd reguliert sich selbst und Roboter kochen fantastische Gerichte.

Wir schreiben das Jahr 2035. Die technische Revolution regelt mittlerweile fast jeden Bereich unseres Lebens und hat in ihrem rapiden Fortschritt auch vor der hohen Kunst des Kochens nicht Halt gemacht. In den Küchen dieser Welt gibt es keine Chefköche mehr, stattdessen kredenzen präzise funktionierende Roboter internationale Cuisine problemlos auf den Esstisch. Rezepte und Kochbücher in Papierform existieren nicht mehr. Sie sind auf Festplatten gespeichert und können wie eine iTunes Bibliothek abgerufen werden. Während der Kochvorbereitung erscheint auf der Arbeitsfläche neben dem Gericht ein Bild – es sind Anweisungen wie idealerweise vorgegangen werden sollte. Im selben Zuge bewegen sich wie aus Geisterhand die Temperaturregler des Ofens automatisch in die Höhe. Es scheinen Bilder wie aus einem Science-Fiction-Film, von jeglicher Realität weit entfernt. In Wirklichkeit allerdings sind diese Zukunftsszenarien gegenwärtiger als wir es für möglich halten. 2018 gehen die ersten von ihnen in Serie.

Der Robo-Koch

Die Küche der Zukunft schon morgen
Er kann alles: kochen, backen, ja sogar mühelos Sushi zubereiten. Die Roboter-Hände von der britischen Entwicklerfirma Moley Robotics arbeiten sich von der Wand hängend durch jeden Schritt der Zubereitung. Noch sichtlich steif in der Bewegung, aber dennoch effizient, kann der Roboter über 2000 Rezepte aus seiner Festplatte in Sekundenschnelle abrufen und anschließend kochen. Gesteuert wird der metallische Chef über einen Touchscreen und eine App, die entweder per Monitor bedient oder extra auf dem Smartphone installiert werden kann. Das Nervenzentrum des Robo-Kochs ist seine Festplatte voller Kochanleitungen, die im iTunes-Stil funktioniert. Um möglichst realitätsnahe zu sein, wurde der Koch Tim Anderson, Gewinner der britischen Kochtalent-Show "Masterchef", in einem Motion-Capture-Studio beim Zubereiten der Speisen in 3-D gefilmt. Monatelang wurde Anderson mit Sensoren bestückten Handschuhen beim Zubereiten etlicher Speisen digitalisiert. Seine Bewegungsabläufe sind nun auf der Festplatte des Roboters gespeichert. "Ganz egal, ob er nur ein paar Vorbereitungen erledigen oder gleich ein ganzes Gericht kochen soll – Sie sagen dem ,Robo-Helfer‘, was Sie brauchen, und er erledigt es jedes Mal genau gleich", so Anderson. In Zukunft soll dieses Feature auch für die Besitzer in Form eines 3-D-Kochbuchs verfügbar sein. Wer sich nun überlegt, auf die technische Vollautomatik in der Küche umzusteigen, muss sich darauf einstellen, dass der Roboter nicht als Einzelteil kommt. Die metallischen Hände bringen sozusagen ihre eigene Küche mit sich, bestehend aus Herd, Spüle, Ofen und extra angefertigten Küchengeräten. In drei Jahren wird der metallische Küchenchef in Serie gehen.

Für jedermann

Auch in Japan hat man große Zukunftspläne für die Küche. Der Wissenschafter Yu Suzuki hat mit seinen japanischen Kollegen eine Küche entworfen, die auf Kamera- und Projektorentechnik setzt, um unerfahrenen Hobbyköchen in Echtzeit kulinarische Anweisungen zu geben. Bei Suzuki verwandelt sich die Arbeitsfläche zum Projektorbild und zeigt Schritt für Schritt an, wie man bei seiner ausgewählten Speise vorgehen soll. Egal ob es sich um das Filetieren von Fisch oder das Zubereiten von Backwaren handelt – die Kamera projiziert die Vorgehensweise direkt auf den Leckerbissen und hilft so, fehlerfrei zu kochen. Suzuki möchte damit das Kochen für jedermann erleichtern und zugänglich machen. Grundausstattung der futuristischen Kochstelle ist ebenfalls ein kleiner Roboter namens Phyno, der auf der Arbeitsfläche positioniert ist. Wird ein Arbeitsschritt gestoppt, registrieren die Kameras die Unterbrechung und fragen nach, ob der Prozess beendet ist. Wer ein "Nein" zur Antwort gibt, erhält von Phyno eine Wiederholung der Anweisungen. Bei einem "Ja" wird der nächste Schritt im Rezept eingeleitet. Im Moment kann die Wunder-Küche der Zukunft lediglich einzelne Aktionen begleiten, die zuvor von den Wissenschaftern anhand menschlicher Köche analysiert wurden. Für Suzuki steht fest, dass dieses Küchenkonzept noch nicht perfekt ist. In Zukunft müssen noch ganze Kochabläufe automatisiert werden, um die Idee effektiv auf den Markt bringen zu können.

Kochschule der Zukunft

In Amerika hat man sich in der Küche von morgen ein ganz anderes technologisches Süppchen zusammengebraut. An der University of Washington haben Wissenschafter ein System entwickelt, das mithilfe eines Kinect-Systems die Arbeit von Köchen überwacht. Diese neuartige Technologie leitet sich aus dem englischen Sprachgebrauch "kinetic connect" her, was im Deutschen so viel heißt wie "kinetische Verbindungen". Es ist eine spezielle Steuerung, die durch eine Kombination von Tiefensensor, 3-D-Mikrofon, Farbkamera und Software ermöglicht wird. Durch Bewegungen sowie Sprache erkennt der Computer, was der Koch vor dem Herd kulinarisch zubereitet. Mehrere Kameras, die in der Küche angebracht sind, registrieren mit einer präzisen Tiefenwahrnehmung jeden Schritt und nehmen sogar kleinste Objekte im Raum wahr. So kann ein Computer durch Auswertung der Bilder feststellen, ob man beispielsweise vergessen hat, eine bestimmte Zutat in die Rezeptur zu mischen.

Die Küche der Zukunft schon morgen
An vorderster Front der kinetischen Technologie ist der Schweizer Konzern Digitalstrom in enger Kooperation mit dem US-amerikanischen Softwaregiganten Microsoft. Gemeinsam wollen sie das Eigenheim revolutionieren, indem sie Stromleitungen und Bewegungssensoren zusammenspielen lassen. Durch eine eigene IP-Adresse werden Haushaltsprodukte wie Toaster oder Küchengeräte mit der Stromleitung verbunden. Kinect Smart Home nennt sich der Prototyp und reguliert anhand von gespeicherten Abläufen den Wasserhahn, die Hitze im Backrohr und den Strom im Hintergrund. Obwohl die Kinect-Küche aktuell noch nicht serienreif ist, scheint dies nur eine Frage der Zeit zu sein.

Zurücklehnen und kochen lassen. Der Moley Roboter war dieses Jahr zwar noch als Prototyp in Deutschland ausgestellt, wird aber laut seinen britischen Entwicklern spätestens 2018 in Serie gehen. Mit einem stolzen Kaufpreis von 14.000 bis zu 80.000 Euro je nach Konfiguration, muss der Robo-Koch auch geschmacklich überzeugen. Dass man bei seiner Konstruktion keine Kosten und Mühen gescheut hat, zeigt sich vor allem in den feinen Details des metallischen Riesen. Die Hände wurden in Kleinstarbeit von der Firma Shadow Robot in London entwickelt. Die mechanischen Finger und der Daumen sollen laut Hersteller „alles können, was auch die menschliche Hand kann“. Einzelne Gelenke bis in die Fingerspitzen können sich unabhängig von einander bewegen und formen somit auch die kleinste Sushirolle präzise. Für die nötige Gelenkigkeit und das Fingerspitzengefühl sorgen 20 Motoren, 24 Gelenke und 129 Sensoren.

Die Küche der Zukunft schon morgen
Doch wer denkt, dass der Roboter ein starres Gebilde ist und nur von der vorprogrammierten Festplatte lebt, der täuscht sich. Der metallische Haubenkoch ist auch lernfähig und kann neue Rezepte zu den bereits Vorhandenen 2000 hinzufügen. Der Benutzer braucht dazu eine 3-D-Kamera zur Lokalisierung und überträgt somit die eigenen Daten in das Roboter-Gehirn. Je nach Bedarf kann der Küchengehilfe der Zukunft auch seine Funktionen verringern und nur als Assistenz fungieren. Lästige Aufgaben wie Zwiebel schneiden, Karotten schälen oder Suppe glatt rühren, führt er mühelos aus, während man sich anderen Dingen widmen kann.

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