Von Kaffee, Kohlgemüse und Chia-Samen
Unweit vom Stephansplatz öffnet sich die Tür in eine gemütlich eingerichtete Altbauwohnung. Draußen nieselt es. Ein paar Regentropfen schaffen es über die feuchten Schuhe ins Vorzimmer. Ein kleiner Zwergschäfer läuft an der Garderobe vorbei, hinein in die Küche."Der Hund hat im Gegensatz zu mir einen geregelten Diätplan", sagt Marika Lichter und streicht über das braune Fell des Tieres. Roxy. Ihr Abbild ziert überdimensional groß die hintere Küchenwand. "Das Gemälde haben mein Sohn und ich gemeinsam mit einem Graffiti-Künstler gestaltet" , so die Sängerin und Musikmanagerin. Sie nimmt einen Schluck Cappuccino. Magermilch. Kein Zucker. Nur auf den Süßstoff will sie nicht verzichten. Dann steht sie auf, um ein Glas mit vielen kleinen Körnern zu holen. "Chia-Samen", erklärt Lichter. "Ich habe letztens gelernt, dass man sie ,Dschia’ ausspricht und nicht ,Kia’, wie ich dachte. In Joghurt quellen sie auf. Dazu Beeren – ein herrliches Frühstück."
Marika Lichter isst gerne Fisch, Gemüse, geräucherten Tofu, ab und zu Leberkäse. Eingefroren wird nichts, ebenso wenig wird die Mikrowelle benutzt. Sie achtet auf kalorienarme Nahrungsmittel. In den Edelstahlpfannen- und -töpfen wird ohne Öl gekocht. Trotzdem meint sie: "Beim Essen gibt es keine Sünden. Sünden sind etwas anderes. Unmenschlichkeit zum Beispiel." Ihr zufolge darf man in der Küche experimentierfreudig sein. "Mein Sohn ist zu Besuch gekommen und hat Spaghetti mit Schokoladensauce gekocht. Soll er. Er weiß sowieso alles besser. Kreativität muss entstehen können."
Immer am Sprung
Während Lichter neben der Kaffeekapsel-, noch eine Teekapselmaschine stehen hat, besitzt Thomas Brezina weder das eine noch das andere. "Richtiger Kaffee gehört gekocht", erklärt der Kinderbuchautor, als er in der Küche an der Espressomaschine hantiert. "Dann schmeckt er besser. Ich mag den Prozess des Schaffens. Man muss etwas dafür tun, dass man Kaffee trinken kann. Fast wie in Italien – und", fügt er hinzu, "man muss erst lernen, wie es funktioniert." Er stellt die Tasse neben die Zierkürbisse auf den Tisch im Wohnzimmer, dessen breite, hohe Glasscheiben den Blick auf den Garten freigeben. Das Haus besteht großteils aus Holz. Couch und Wände sind weiß. Überall hängen bunte Bilder, liegen bunte Pölster. Eine Kerze leuchtet. "Die Küche ist momentan ein bisschen kahl", meint Brezina. "Ich bin gestern Nacht aus London zurückgekommen und fahre in zwei Tagen wieder. Wenn ich länger hier bin, sehen die Räume belebter aus. Da steht meistens noch zumindest eine Obstschale." Brezina isst in den kühleren Jahreszeiten am Morgen Früchte, die er mit einem Schuss Ahornsirup in der Pfanne erhitzt. "Das wärmt, gibt Kraft und ist gut verträglich." Dazu gibt es englisches Porridge – mit Wasser. Brezina: "Ich halte nicht viel von Milch. Auf der anderen Seite gehört nichts verteufelt. Auf die Vielfalt kommt es beim Essen an." Beim Einkaufen ist ihm die Qualität der Produkte wichtig. Doch die Tätigkeit dient ihm nicht nur zur Lebensmittelbeschaffung. "Manchmal gehe ich fünf Mal die Woche einkaufen. Ich bekomme dabei den Kopf frei. Und wenn ich mir nur eine Dose Zuckermais besorge."
Gusto auf Beilagen
Gut 100 Kilometer nordwestlich von Wien, nahe Gars am Kamp in Niederösterreich, steht Erni Mangold in einem hellrosa Leibchen mit einer grauen Weste darüber in ihrer Küche des 250 Jahre alten Hauses am Herd. "Na, schauen wir uns das Fressen mal an, wenn ich heute schon gekocht hab", sagt sie und hebt den Topfdeckel in die Höhe. "Ich koche gerne Zuspeisen", erklärt sie. "Also Speisen, die man eigentlich zum Fleisch oder Fisch isst, aber ich esse die auch ohne Fisch…und ohne Fleisch." Besonders gern hat Mangold Grünkohl mit Haferflocken. Haferflocken deshalb, weil man den Grünkohl oft zum Gansl isst und das Fett der Gans von den Flocken aufgesaugt wird. Das Rezept kennt Mangold aus Hamburg. "Der Grünkohl wird abgezupft und in Öl hineingeschmissen. Gott sei Dank haben die Österreicher den entdeckt. Der hat von allen Kohlarten die höchste Vitaminstufe."
Im zweiten Topf liegen Fisolen. Die werden fünf Minuten angebraten, dann dreht man die Flamme kleiner, lässt das Gemüse dünsten und legt aufgeschnittene Tomaten darauf. Knoblauch dazu und solange kochen, bis die Flüssigkeit weg ist. Dann: noch einmal braten. "Das ist ein italienisches Gericht, schaut ein bisschen merkwürdig aus, schmeckt aber hervorragend." Mangold läuft barfuß über den zum Teil mit Teppich ausgelegten Holzfußboden. Gerade eben war sie noch im Garten. Ihr Haus, im Herbst unter weißem Himmel und hinter Nebeldecken versteckt, liegt direkt am Waldrand. Gemüseanbau kommt für sie nicht in Frage. "Da bräuchte ich ja einen Acker! Ich bin nicht in Pension. Zum Garteln ist keine Zeit." Ihre Zutaten kauft die 88-jährige Schauspielerin am heimischen Viktualienmarkt. "Das ist ein Bio-Markt, den gibt es bereits seit 25 Jahren. Ich fahr immer um acht in der Früh hinunter und kauf mir das alles. Also, was wollen Sie jetzt kosten?"
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