Hotel der Chancen
Ein Pensionistenheim verwandelt sich in ein Budget-Hotel, gestaltet mit Elementen aus der Vergangenheit. Doch nicht nur die Upcycling- Möbel erzählen hier eine Geschichte.
Johanna Aufner öffnet die Tür und wirft einen Blick in den Raum. Die Zimmernummer fehlt noch, ansonsten sieht alles bezugsfertig aus: Teppichboden, gedeckte Wandfarbe, weißes Doppelbett. Ein an die Wand geschraubter halber Sessel dient als Ablage, eine ausgehängte Tür, mit Tapeten beklebt, als Garderobe.
Möbel verschiedenster Stile sind passend arrangiert. "Das Credo ist, alles zu benutzen, was wir im Haus haben. Wir wollen zeigen, dass man aus wenig ganz viel machen kann", erklärt Aufner vom Wiener Architekturbüro AllesWirdGut. Die Architektin ist für die Planung von "magdas Hotel" zuständig, einem Social-Business-Projekt der Caritas. Das Budget-Hotel, innerstädtisch beim Wiener Prater gelegen, wird Arbeits- und Ausbildungsplätze für Flüchtlinge bieten und steht im Zeichen des Upcycling-Trends. Nicht mehr gebrauchte Produkte erhalten hier eine neue Bestimmung. Der Fundus des Hauses, einem ehemaligen Pflege- und Seniorenheim, ist groß: Aus Türen, Kästen und anderen Möbeln werden Nachttische, Ablagen oder Spiegel. "Jedes Stück wird auf seine Tauglichkeit untersucht, zerlegt und neu zusammengeschraubt", sagt Aufner.
Das Gestaltungskonzept stammt vom Architekturbüro AllesWirdGut.
Das Budget und die Struktur des Hauses lieferten die Vorgaben für die Gestaltung. Die weißen Kunststofffensterrahmen mussten bleiben, also wurde die Ausstattung adaptiert. "Das Haus hat einen ziemlichen Charme und einen starken Charakter, den wir auch erhalten wollen", sagt sie. Bis Dezember sollen die Oberflächen der rund 80 Zimmer fertig sein, im Februar 2015 eröffnet das Hotel. Derzeit wird noch gebohrt und geschraubt. Kein Raum gleicht dem anderen – alle werden individuell eingerichtet, einige mit einem Thema versehen. "Der Stil wird am stärksten von den Upcycling-Möbeln geprägt. Das gibt den Zimmern den Charakter", meint Aufner.
Die Prototypen dazu entwarf der Architekt und Künstler Daniel Büchel. Es sind aber nicht nur die Einrichtungsgegenstände, die besonders sind. "Es ist eine Botschaft. Gegen den Wahnsinn, der sich vor unseren Toren abspielt", beschreibt Herwig Spiegl, Gründungspartner von AllesWirdGut. Er blickt auf die im Keller gelagerten Möbel, die ihren Einsatz erwarten. Die nachhaltige Vorgehensweise sorge trotz des kleinen Budgets für große Möglichkeiten. Pluspunkte sieht er in der innerstädtischen und doch ruhigen Lage, dem Design oder den Balkonen und großen Terrassen mit Ausblick ins Grüne.
Die Eröffnung für das Hotel-Projekt im Wiener Prater ist für Februar 2015 geplant.
Das Projekt hat aber noch eine andere Note. "Es hat eine Geschichte, die erzählt werden kann", erklärt Spiegl.im magdas werden nicht nur Professionisten aus der Hotel- und Gastronomiebranche arbeiten, sondern auch Asylwerber. Zwei anerkannte Flüchtlinge beginnen ab Februar ihren Job, ab September sollen auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge eine Lehre absolvieren dürfen. Einige wohnen bereits in Wohngemeinschaften in einem fertiggestellten Trakt des Hotels. Da Asylwerber bis auf wenige Ausnahmen hierzulande nicht arbeiten dürfen, ist das Projekt ein Statement gegen den Status quo. "Wir wollen nicht nur darüber sprechen, wir wollen auch etwas tun. Das magdas ist ein gebautes Zeichen", sagt Spiegl.Als Social Business soll sich das Hotelprojekt wirtschaftlich selbst tragen. Zahlreiche Menschen helfen mit: Ob vor Ort beim Möbelschrauben, mit Sach- oder Geldspenden oder via Crowdfunding, bei dem man ab 100 Euro Spende einen Nächtigungsgutschein bekommt.
Zwei Anerkannte Flüchtlinge werden im Februar im Hotel ihren Dienst antreten.
Die Fassade wird aus Kupferpaneelen bestehen, die man erwerben und an die Brüstung der Balkone montieren kann – ein riesiges Gästebuch an der Außenseite des Hauses. Und damit die Kommunikation unter den Gästen erhöht wird, wurde nur ein Drittel der Zimmer mit einem Fernseher ausgestattet. "An einem Hotel ist mir persönlich wichtig, eine andere Atmosphäre vorzufinden. Ich möchte etwas entdecken, was ich zu Hause nicht habe. Bei uns soll man eine andere Zeit erleben können als in einer Hotelkette", sagt Aufner und führt in einen lichtdurchfluteten Saal. Hier entsteht ein Café im Erdgeschoß, das "Herzstück", wie es die Architektin bezeichnet. Es soll zu einem riesigen Wohnzimmer mit Sofas, einer Bar und Snacks werden, bei dem man das Gefühl hat, bei Freunden oder Bekannten zu sein. Ein Ort zum Austauschen, ein Ort der Begegnung. Ebenso wie der Hof mit Altbaumbestand, in dem man im Sommer in Sitzbadewannen plantschen kann. Das Projekt ist vorerst auf fünf Jahre angelegt. Eine Reise, die vielleicht endet. Aber zwischenzeitlich ist das magdas ein Raum, um anzukommen. Für Touristen und für Flüchtlinge.
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