Die Kunsthistorikerinnen Maria Welzig und Ingrid Holzschuh haben die Schau „Geschichten Ort Hofburg“ konzipiert. Besucher werden bis 26. Oktober auf dem ganzen Areal auf eine Reise zu interessanten Erzählungen, abseits der Heerschaftsgeschichten, entführt. Die Gestalter feld42 Architekten mit Bueronardin entwickelten zwanzig maßgeschneiderte Installationen für den urbanen Raum.
Noch befinden sich die einzelnen Stationen im Aufbau, einige der Elemente sind noch eingezäunt und warten auf die Fertigstellung. Sie sind sehr markant in ihrer Form, denn es sind keine genormten, üblichen Grundrisse. Sie wirken etwas ausgefranst, sie erinnern an den Grundriss des Buchstabens T oder in abstrakter Weise auch an ein Kreuz. Und ebendiese Grundform ist es, die mitunter eigentlich die erste Geschichte erzählt, die des Areals. Denn wenige etwa wissen, dass sich das Areal vom Michaelerplatz über den Heldenplatz bis hin zum Museumsquartier erstreckt. Es verdeutlicht seine Weitläufigkeit und die Vernetzung umliegender Gebäude und Orte.
"Die Grundform haben wir auch für das europäische Kulturerbesiegel eingereicht. Ein Instrument, welches die europäische Vernetzung auf künstlerischem, kulturellem Wege verbindet. Die Ausstellung markiert für uns auch eine Art Beginn, um das Areal in sich zu inszenieren. Die einzelnen Elemente kennt man, aber nicht seine Gewachsenheit", sagt Reinhold Sahl von der Burghauptmannschaft. Hier haben auch Ingrid Holzschuh und Maria Welzig angesetzt, mit einem Forschungsprojekt an der Akademie der Wissenschaft über die Hofburg nahm alles seinen Anfang. "Mehrere Forscherteams haben die Bau- und Funktionsgeschichte von den Anfängen bis heute untersucht und ich war für den chronologisch letzten Teil ab 1918 zuständig. Für eine Veranstaltung dazu habe ich mich an die Burghauptmannschaft zwecks Unterstützung gewandt, die mir prompt zuteil wurde", erklärt Welzig.
Im nächsten Schritt wurde die Kunsthistorikerin mit einer Studie beauftragt, die zur Idee führte mithilfe von Themenwegen künftig das komplette Areal zu bespielen. In weiterer Folge sollen daraus multimediale Stationen entstehen, wo man via Tablet oder Smartphone auch audiovisuelle Zusatzinformationen zum jeweiligen Standort erhält. "Die Verortung der einzelnen Stationen wird mithilfe von Stadtmöbeln für den Besucher erlebbar gemacht. Eine wesentliche Qualität des Areals ist, ist, dass es kein Museum ist, die Flächen werden genutzt", sagt Welzig. "Die kaiserlichen Repräsentationsbauten sind Teil der Popkultur geworden, in Europa ist das einmalig."
Geschichtliches vom 16. Jahrhundert bis heute wird dabei sukzessive aufgearbeitet. Es soll Bewusstsein für die Vergangenheit schaffen, ohne dabei den Kontext zur Gegenwart zu verlieren. Ein Beispiel liefert etwa die Station im Burggarten, die sich mit der gleichnamigen Bewegung befasst, wo sich im Jahr 1980 Wiener Jugendliche in die Wiese des Burggartens gesetzt haben."Es klingt harmlos, doch damals war es das nicht. Es hat den Nerv der Wiener Mentalität getroffen, den Rasen nicht zu benutzen. Leider ist es zu Ausschreitungen gekommen, aber rückblickend betrachtet war es eine extrem wichtige Aktion, die für heute einiges geebnet hat. Jüngere Generationen wissen das nicht, doch mit den Stationen bekommen sie nun die Möglichkeit dazu", sagt Welzig.
Die Installationen, auch "Spots" genannt, wurden von feld72 Architekten in Kooperation mit den Grafikern von bueronardin gestaltet. Jedes Thema hat ein speziell zugeschnittenes Farb-, Form- und Materialkonzept erhalten. Zudem werden Erläuterungen in deutscher sowie englischer Sprache verfügbar. "Die Alltagskultur hat in diesen Räumen schon immer stattgefunden, nur die Zeit war jeweils eine andere", sagt Architekt Michael Obrist. "Das Konzept basiert auf der Grundform aus der Vogelperspektive, die als wiederkehrendes Symbol fungiert. Wir haben hier mit der Form begonnen, ein sonst eher unüblicher Zugang, da sich eine Form normalerweise erst zum Ende hin herauskristallisiert."
Sämtliche Stationen sind auch eine Reflexion über das Thema Sitzen, Liegen oder Stehen – die Interaktion ein wesentliches Schlüsselelement für die Erkundung. "Wir haben uns aus jeder Geschichte einen Alltagsgegenstand gesucht und diesen integriert. Bei der Installation ,Türkische Spuren‘ wurde ein Briefwechsel zweier Gesandter (ein Habsburger, ein Osmane) auf den Diwan gedruckt. Nun können die unterschiedlichen Sichtweisen nachgelesen werden."
Die Ausstellung ist ein gelungener Exkurs in die Alltagskultur. Sich der Geschichte nicht über das Naheliegende zu nähern, ist interessant und spannend zugleich. Und der öffentliche Raum fungiert dabei zugleich als Botschafter und Vermittler.
Kommentare