Geschichten im Glas

Geschichten im Glas
Das Künstler-Duo "honey & bunny" hat die Historie des Wiener Ringstraßenhotels Bristol mithilfe von Servietten, Bildern und Putzutensilien konserviert. Die Installation ist noch bis 24. Mai zu sehen.

Wodurch wurde die Geschichte des Food-Designs beeinflusst und sollten Lebensmittel genauso gestaltet werden wie Armani-Anzüge oder eine Kaffeekanne von Alessi? Sonja Stummerer und Martin Hablesreiter alias "honey & bunny" versuchen, mit ihren künstlerischen Arbeiten passende Antworten zu finden. Zum ersten Mal mit dem Thema auseinandergesetzt haben sich die beiden vor mehr als zehn Jahren im Rahmen ihres ersten Buches food design – Von der Funktion zum Genuss.

"Damals hatten wir keine Ahnung, wie politisch und kulturell aufgeladen und wertvoll dieses Feld ist. Die Gestaltung von Nahrung und die Auseinandersetzung mit dem Verteilen derselben sind vielleicht der Ursprung jeder Kultur. Wir wagen zu behaupten, dass es sich dabei jedenfalls um die erste Kunstform handelt. Jede Gesellschaft hat ihre Rituale rund um die Frage, was wir mit wem wann und wo in den Mund stecken dürfen und was nicht. Dass Essen als Ausdruck und essenzieller Bestandteil von Kultur so schlecht rezipiert wird, ist ein Skandal."

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Das jüngste Projekt des Duos ist eine Installation im Wiener Ringstraßenhotel Bristol. "eat |CONSERVATION |art" zelebriert das 100-jährige Jubiläum des Hauses auf besondere Art. Hundert großformatige Einlegegläser wurden zu einem tischhohen Kubus aufgetürmt, jedes davon mit einem Stück Bristol-Geschichte befüllt. Obenauf wurden Tabletts mit Glas, Tafelsilber und Bedarfsartikeln eingedeckt. Dafür wurden hausinterne Archive sowie das Hotel – vom Keller bis zum Dachboden – nach interessanten Erinnerungsstücken durchforstet.

"Doch etwas an diesen Gedecken stimmt nicht. Wir spielen mit Konventionen, ordnen Speiseobjekte nach eigenen Systemen und Vorstellungen, eines davon ist ein Tablett, dessen Bildschirm als Video-Oberfläche dient." Besteck, Porzellan, Fotos und Menükarten – Zeugen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die Antwort auf die Frage, ob sie das Bristol mit einem Lebensmittel vergleichen könnten fiel, den beiden schwer. Das Hotel sei eher eine langsam, aber beständig wachsende Pflanze – wie der Olivenbaum von Odysseus oder ein Weinstock.

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Und wie schmeckt "honey & bunny"? "Nicht wirklich süß. Vielleicht wollen wir das Salz sein. Doch es hängt auch von den Zeiten ab. Momentan schmecken wir ein bisserl bitter. Möglicherweise sogar in wenigen Tagen sauer, aber das wollen wir nicht hoffen."

www.honeyandbunny.com

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