Filmreife Bauleistung
In Gedanken werden bereits Räume durchschritten, Möbel angeordnet, Wandfarben ausgewählt. Bis das Wunschhaus steht, vergeht jedoch oft viel Zeit. Eine Zeit, die Sabine Reeh seit über zehn Jahren in der Architekturfilmreihe "Traumhäuser" im Bayerischen Rundfunk aufzeichnet. Die vorgestellten Domizile weisen innovative architektonische Ansätze, unkonventionelle Methoden oder Hintergrundgeschichten der Bauherren auf. Ob zeitgenössische thailändische Architektur in Oberfranken oder einem Einraumquader auf Stelzen: Die Anforderungen an die Architekten sind auch in der fünften Staffel so vielfältig wie die Biografien der Auftraggeber. Reeh schildert dies unter Zuhilfenahme von Fotos, Plänen und Baudaten.
Geglückte Erweiterung
Manchmal sind es auch die persönlichen Geschichten, die Eindruck hinterlassen. Wie jene von Yvette Egelhofer, die nach einem Schlaganfall auf ein barrierefreies Eigenheim angewiesen war. Das Bestandhaus blieb, wurde allerdings um einen eingeschoßigen Holzanbau erweitert. Ganz nach dem Wunsch der Pensionistin: modern, kantig, ohne Schwellen.
Um die Hanglage zu überlisten, wurde dieser auf Stahlstelzen errichtet. Anstelle der Stufen ermöglicht ein Steg den Zugang. Im Inneren prägen die massiven Holzwände und -decken das Ambiente, die Räume gehen großteils nahtlos ineinander über. Klar und puristisch, wie es die pragmatische Besitzerin gerne mag. Oft sind es aber auch die weniger bekannten Formen und Herangehensweisen, die Anregung bieten.
Feuer für die Fassade
Mit der japanischen Methode "Yakisugi" werden Holzfassaden ohne chemische Stoffe haltbar gemacht – durch Feuer und Rauch. Die daraus entstandene Kohleschicht ist wasserdicht, feuerfest, ökologisch und langlebig. Auf diese traditionelle, zwischenzeitlich vergessene, Oberflächenveredelung stieß der Baukünstler René Rissland beim Besuch der Architekturbiennale in Venedig – und wandte sie bei einem Objekt in Franken an. Als Kontrast zu dem schwarzen, verkohlten Holzlatten wurde das Haus in Wilhermsdorf mit grüngelben Fensterrahmungen ausgestattet. Auf die Garage setzte der Architekt eine rundum verglaste Ebene, die oberhalb mit dem hölzernen Geschoß abschließt. Von der Ferne sieht es aus, als würde das Haus schweben.
Eine Gemeinsamkeit der vorgestellten Objekte liegt im kreativen und nachhaltigen Zugang. Während vor zehn Jahren noch keine Rede von energieeffizientem oder altersgerechtem Bauen war, sind diese Aspekte heute selbstverständlicher Bestandteil, schreibt Reeh. Was ein Traumhaus ausmacht, ist manchmal eben auch eine Frage der Zeit.
Das Begleitbuch zur fünften Staffel der Fernsehsendung: „Die neuen Traumhäuser“ von Sabine Reeh. Erschienen bei DVA, € 30,90
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