"Manche sind architektonische Wunderwerke, manche verwinkelte Refugien, manche stabile Bollwerke gegen den Zeitgeist, manche kreative Zentren voller Überraschungen", schreibt Rainer Moritz. Buchhandlungen sind so vielfältig wie die Literatur, die an diesen Orten zum Verkauf angeboten wird. Mit zahlreichen Eindrücken im Gepäck, befüllte der deutsche Autor und Literaturkritiker einen Band, der vom gemütlich-barocken Laden bis zum modern-minimalistischen Shop ein weites Feld abdeckt. Ob Barcelona, London, Paris, Rom oder Wien, jede Buchhandlung hat ihre eigenen Reize und Geschichten. Erstaunlich ist, wie die unterschiedliche Raumgestaltung das Schriftgut inszeniert.
Einen besonderen Rahmen für den Verkauf bietet beispielsweise das sakrale Ambiente der Buchhandlung Selexyz in
Maastricht. Die laut
Moritz älteste gotische Kirche der
Niederlande blickt auf eine außergewöhnliche Historie zurück: Sie fungierte bereits als Pferdestall oder als Schauplatz von Boxkämpfen. Nun befindet sich darin die Filiale einer Buchhandelskette. Sie ist nicht der einzige exotische Schauplatz in diesem Werk: Vom S-Bahn-Viadukt über einen Billardsalon bis zur Kapelle fanden einige Räume erst im Lauf der Zeit ihre heutige Bestimmung.
Andererseits porträtiert das Buch Läden, die auf eine lange Tradition zurückblicken. Etwa die im Jahr 1923 von
Felix Jud eröffnete "Hamburger Bücherstube", die als "Pflegestätte für das gute und schöne Buch" gegründet wurde. Seit 1956 residiert das prachtvolle Geschäft
Felix Jud & Co in der Mellin-Passage beim Neuen Wall, der Luxus-Einkaufsstraße der Hansestadt. Die hohen Schaufenster ermöglichen bereits von außen einen Blick auf die famos befüllten Kirschenholzregale. Ebenso wie aus der Zeit gefallen wirkt das Antiquariat Burgverlag in
Wien, das mit antiken Requisiten und Bücherschätzen aufwartet.
"Buchhandlungen, die nicht austauschbar sein wollen, haben es heute nicht leicht, sich zu behaupten", gibt Rainer Moritz zu bedenken. Ein Klick und der neueste Bestseller ist im Online-Warenkorb. Was dieser aber niemals zu schaffen vermag: Eine Begegnungsstätte für Gleichgesinnte zu sein, die sich vom Ambiente und Angebot inspirieren und für einen kurzen Augenblick den Alltag vergessen lassen. Diese Zufluchtsstätten gilt es über die Buchform hinaus lange zu bewahren.
Ein paradiesischer Band für Bibliophile: „Die schönsten Buchhandlungen
Europas“ von
Rainer Moritz, Reto Guntli und
Agi Simoes (Fotos).
Erschienen im Verlag Gerstenberg, € 25,70
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