Eine unendliche Reise
Leonardo da Vinci soll es gewesen sein. Er wollte zum ersten Mal im Jahr 1516 ein Typenhaus realisieren. Der italienische Maler wollte eine Idealstadt mithilfe von ausschließlich zerlegbaren Häusern an der französischen Loire errichten lassen – lediglich das Fundament sollte vor Ort gegossen werden. Das Ziel war, einen variierbaren Grundtyp eines Bürgerhauses zu entwickeln. Zur Errichtung kam es letztlich doch nicht und es blieb bei der utopischen Idee.
Eine weitere Theorie besagt, dass die Geschichte ihren Ursprung mit den Fachwerkhäusern des 12. Jahrhunderts fand. Selbst im antiken Griechenland sollen bestimmte Elemente von Tempelanlagen an fremden Orten gefertigt, zusammengefügt und zum Transport wieder auseinandergenommen worden sein.
Das erste Fertighaus wurde 1833 in London errichtet.
In Amerika traten die ersten Fertighäuser Mitte des 18. Jahrhunderts auf. Die Zeit der Goldgräber war angebrochen und der enorme Zuzug in den Westen der USA erforderte neue Wohnraumlösungen. Man konstruierte unkomplizierte Bauweisen (vorgefertigte Holzelemente), die man auch ohne Fachpersonal errichten konnte. "Damals war der Rohstoff Holz in unerschöpflicher Menge vorhanden und die Bauweise denkbar einfach. Holzgerüste wurden aufgestellt und mit einfachen Brettern beplankt", erklärt Karin Stieldorf vom Institut für Architektur und Entwerfen an der TU Wien.
Walter Gropius teilte diese Meinung. Neben dem Kostenfaktor wollte auch er die Qualität des Gebauten verbessern. Die ersten Montagehäuser des deutschen Architekten wurden auf der Weltbundausstellung 1927 vorgestellt. Der Initiator des Bauhaus gründete gemeinsam mit dem Künstler Konrad Wachsmann in den USA eine der ersten vollautomatischen Fabriken zur Herstellung von Hausbauelementen. Wachsmanns berühmtester Kunde? Albert Einstein – er ließ sich von ihm sein Sommerhaus in Fertigbauweise errichten.
Bauhaus-Vertreter als visionäre Entwickler.
Nach dem zweiten Weltkrieg mussten in kurzer Zeit zahlreiche Zweckbauten errichtet werden. Auch hier bediente man sich der vorgefertigten Elemente. "Zu dieser Zeit entwickelte sich auch die Kleintafelbauweise, die bis in die 1970er-Jahre hielt", beschreibt Stieldorf.
In Wien Hietzing errichteten die Architekten Carl Auböck und Roland Rainer die erste Fertigteil-Siedlung in der Veitingergasse, mit 15 Häuser in Holztafel-Bauweise. Im Zuge einer Musterausstellung wurden sie im Jahr 1954 präsentiert und für sechs Wochen öffentlich zugänglich gemacht.
Mit den 1970er-Jahren und der ökologischen Bewegung endete die Ära der visionären Konzepte. Die einst so fortschrittlich geplanten Häuser kamen in Verruf. Zunehmend wurde die vorgefertigte Bauweise im Massenwohnungsbau eingesetzt, damit wurde ihr jegliche Ästhetik abgesprochen und die Qualität infrage gestellt.
Anfang der 1980er-Jahre fasste man wieder Vertrauen in Fertighäuser.
In den 1980er- und 1990er-Jahren stieg auch das Ansehen der Branche. "Die Kleintafelbauweise wurde von großflächigen Holzverbundkonstruktionen verdängt und immer mehr Unternehmen spezialisierten sich auf den Fertighausbau", erklärt Stieldorf.
Selbst die Architektur fand wieder zaghaft zurück. Ein Beispiel dafür lieferte etwa das Modell "O sole mio" des Südtiroler Architekten Matteo Thun. Er konzipierte im Jahr 1990 für das Kärntner Unternehmen Griffner ein Haus mit Pultdach – für die damalige Zeit ein Novum und gleichzeitig auch Art Experiment.
Die Weiterentwicklung des Fertighauses mündete so etwa auch in dem Studienprojekt "Haus LISI" der TU Wien. Das Projekt gewann im Jahr 2013 die Umweltmeisterschaft Solar Decathlon in Kalifornien. Seit letztem Jahr ist das Modell auch als Fertighaus-Variante erhältlich.
Wünschenswert wäre, wenn sich wieder mehr Architekten dem Thema widmen würden. Denn die Felder Baukunst und Fertighaus sind im Hinblick auf die vielseitige Historie unumstritten miteinander verbunden. Sie müssten nur wieder ernsthaft zueinanderfinden. Und in Anbetracht der heutigen technischen Entwicklungen? Wer weiß, wohin das noch führen könnte?
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