Carlo Colombo: "Arbeiten, arbeiten"

Carlo Colombo: "Arbeiten, arbeiten"
Seine Entwürfe sind von zeitloser Eleganz, er jettet nonstop um die Welt und arbeitet am liebsten in der Nacht: Fünf Minuten mit Carlo Colombo, einem der produktivsten Gestalter Italiens.

KURIER: Herr Colombo, wer die Mailänder Möbelmesse besucht, kommt an Ihren Entwürfen nicht vorbei. Wie viele Ihrer Produkte waren vergangenes Jahr ausgestellt?
Carlo Colombo: Das waren zirka 300 neue Möbel für 15 verschiedene Marken, darunter Hersteller wie Driade, Giorgetti, Flou oder Galotto & Radice. Die Messe ist zugleich ein Fiasko für mich. Aus zeitlichen Gründen schaffe ich es nämlich nicht, alle Stände zu besuchen. Obwohl es mich sehr freut, die Präsentation meiner Kollektionen zu sehen.

Carlo Colombo: "Arbeiten, arbeiten"
Sie sind nicht nur bei Herstellern gefragt, sondern auch bei Journalisten. Wie viele Interviews geben Sie an einem Tag?
Während der Messe gebe ich pausenlos Interviews. Als Beispiel: Heute waren es sechs für das Fernsehen und 21 für Magazine.

Sie sind wie viele Ihrer Kollegen Architekt und Designer. Zu welcher Richtung tendieren Sie mehr?
Ich habe Architektur studiert und dann begonnen, als Designer zu arbeiten. Das war vor 20 Jahren. Heute denke ich, dass ich als Designer geboren wurde. Ich liebe es, zu entwerfen. Das ist meine wahre Leidenschaft. Egal ob Möbel, Kaffeemaschinen, Taschen oder Uhren – Design dreht sich um 360 Grad. Man steht morgens auf, benutzt das Waschbecken, die Kochplatte und eventuell das Fahrrad. Design umfasst nicht nur eine Sparte, es ist überall.

Ihre Karriere begann in Italien, heute sind Sie weltweit tätig. Reisen Sie gerne?
Ich führe acht Büros – in den Arabischen Emiraten, Abu Dhabi, Istanbul, Syrien und natürlich in Mailand. Insgesamt beschäftige ich rund 70 Mitarbeiter. Reisen betrachte ich als Teil meiner Arbeit, ich verbringe 400 Stunden pro Jahr im Flugzeug. Ich besuche meine Kunden um mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Und durch meinen Lehrauftrag an der Uni in Peking treffe ich Professoren und Studenten. Kurz: Ich mag Abwechslung im Job.

Carlo Colombo: "Arbeiten, arbeiten"
Wann finden Sie Zeit zu entwerfen?
Kreativ bin ich in der Nacht, ich schlafe nur drei Stunden. Ich gehe um ein Uhr morgens zu Bett, stehe um vier auf und arbeite, arbeite, arbeite. Meine Kunden gaben mir den Spitznamen "Steel Man" – weil ich nur einmal pro Tag esse und 18 Stunden arbeite. Ich weiß, das ist nicht normal.

Was motiviert Sie?
Leidenschaft. Mein Job ist mein Leben und mein Hobby. Es macht mich glücklich, wenn ich ein neues Produkt von mir sehe.

Wie entwerfen Sie?
Ich arbeite schnell und zeichne per Hand. In der einen Stunde skizziere ich eine Kaffeemaschine, in der nächsten ein Haus. Meine Assistenten übertragen die Pläne auf den Computer.

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Zuletzt haben Sie eine Espressomaschine für Guzzini entworfen. Was hat Sie an dieser Aufgabe gereizt?
Ich bin schon lange als Designer tätig, aber eine Espressomaschine ich habe noch nie gemacht. Sie entstand für Guzzini in Kooperation mit Hausbrandt, eine der ältesten Röstereien Italiens. Es war ein kompliziertes, aber auch sehr schönes Projekt an dem wir zwei Jahre intensiv gearbeitet haben.

Welchen Herausforderungen mussten Sie sich bei dieser Aufgabe stellen?
Das Ziel war, ein kleines, günstiges Gerät zu gestalten – zugleich war der Anspruch an die Qualität des Kaffees sehr hoch. Das Ergebnis ist eine Maschine mit schlanker Form, die an die Silhouette einer Frau erinnert. Wir haben außerdem zwei Lampen in den Tank integriert, die dekoratives Licht spenden und zugleich als Wasserstandanzeige dienen.

www.carlocolombo.it

Carlo Colombo: "Arbeiten, arbeiten"
Carlo Colombo, geboren 1967 in Carimate bei Como, studierte am Mailänder Politechnico Architektur. Nach seinem Abschluss gründete er 1993 sein eigenes Büro und begann als Designer für Möbelhersteller wie Cappellini, Artemide, Poliform, Moroso, Poltrona Frau oder Zanotta zu arbeiten. 2007 übernahm er die Artdirection des Möbelherstellers Arflex.
Heute realisiert er Architekturprojekte rund um den Globus und lehrt Design an der Universität in Peking.

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