Sieger können so unterschiedlich aussehen: Vom unorthodoxen Bürogebäude über eine Wohngemeinschaft für Studenten und Obdachlose bis zum Museum für einen Kirchenschatz – die Erstplatzierten des Bauherrenpreises (ausgelobt von der Zentralvereinigung der ArchitektInnen Österreichs) präsentieren sich heuer abwechslungsreicher denn je. Insgesamt wurden 110 Bauten eingereicht. Neun Juroren-Teams, eines in jedem Bundesland, haben für die Endrunde 27 Projekte ausgewählt. Eine dreiköpfige Hauptjury hat schließlich die Nominierten vor Ort besichtigt und die Gewinner gekürt.
Büro und Lebensraum
Das Projekt "Office off" ist einer der diesjährigen Preisträger. Das neue Betriebsgebäude der Fassadenplanungsfirma "FOB – face of buildings" im burgenländischen Steinberg-Dörfl überzeugt durch eine außergewöhnliche Gebäudehülle und die Integration der Mitarbeiter in den Planungsprozess. "Für uns war es spannend, ein Bürohaus nicht nur als Arbeitsplatz zu sehen, sondern als Lebensraum", sagt Josef Saller vom Wiener Büro heri&salli. "Außergewöhnlich ist, dass sich die Mitarbeiter an den Kosten eines kleinen Fitnessraumes beteiligt haben. Ein weiterer Wunsch war, dass der Löschteich auch als Swimmingpool genutzt wird." Strom kommt aus der hauseigenen Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach. Geheizt wird mit einer Stückholzanlage, die von den Mitarbeitern selbst nachgefüllt wird.
Auf 750 Quadratmeter Nutzfläche befinden sich offene Büros und zwei Gästezimmer für Kunden. Im Erdgeschoß gibt es einen Besprechungsraum, der direkt in den Aufenthaltsbereich übergeht. Die Böden im Haus bestehen aus einer Polyurethane-Beschichtung, einem Kunststoff, der auf den Untergrund aufgegossen wird. Die Konstruktion des Hauses wurde in Holz ausgeführt. Für die Fassadengestaltung hat man Lärchenschindeln verwendet, im Innenbereich kam Fichte zum Einsatz. Die loggiaartigen Auskragungen wurden mit Aluminiumverbundplatten verkleidet. Das gesamte Gebäude ist in einen Holzraster eingebunden. Statisch relevant sind diese Balken jedoch nur zum Teil. "Die ursprüngliche Idee war, dass die Firma dort Prototypen ihrer Fassaden aufhängt. Derzeit wird der Raster eher als Klettergerüst von den Mitarbeitern genutzt. Die Balken könnten auch als Tragekonstruktion für Sonnensegel dienen", sagt Saller.
Schatzkammer im Dom
In diesem Jahr haben gleich zwei Projekte aus dem kirchlichen Kontext die Jury überzeugt: Das Kloster der "Halleiner Schwestern Franziskanerinnen", geplant von Architekt Heinz Tesar, und ein außergewöhnliches Museum im Dom zu Gurk in Kärnten.
Als die Diözesan-Schatzkammer aus einem Stadthaus in den Dom übersiedeln sollte, wurden vier Teams zu einem Wettbewerb geladen. Gewonnen hat der Entwurf von winkler + ruck architekten. "Für uns war wichtig, dass der denkmalgeschützte Bau selbst das erste Ausstellungsstück ist. Daher haben wir nichts an den Wänden befestigt. Diese wurden vorsichtig restauriert und damit selbst zu Exponaten", erklärt Roland Winkler. Die Einrichtung des Museums lagert nun auf Holzböden, die wie Flöße in den Raum gelegt wurden und die alten Gemäuer nicht berühren. Ständer und Pulte, Vitrinen und Sockel wurden ebensowie die Bodenbretter aus Lärchenholz gefertigt. "Der Bauherr hat uns und den Handwerkern voll vertraut. So konnte auf direktestem Weg entworfen und gearbeitet werden, fast wie in einer Bauhütte im Mittelalter", sagt Roland Winkler. Im neuen Museum werden nun auf rund 1000 Quadratmeter Hunderte Objekte aus verschiedenen Epochen präsentiert.
Wohnraum für Studenten und Obdachlose
Auf viele Helfer konnte der Verein Vinzenzgemeinschaft St. Stephan beim Projekt "VinziRast mittendrin" zählen. Mit den Planern von gaupenraub wurde ein leer stehendes Biedermeierhaus in der Wiener Währinger Straße zu Wohngemeinschaften für Obdachlose und Studierende umgebaut. Sowohl ehrenamtliche Mitarbeiter als auch Obdachlose haben monatelang mitgearbeitet.
Heute beherbergt das Haus ein Lokal mit Gastgarten, 30 Zimmer, gemeinsame Küchen, Aufenthaltsräume und Werkstätten. "Alle brauchbaren Bauteile wurden während des Umbaus erhalten und an anderer Stelle wiederverwendet", sagt Alexander Hagner von gaupenraub. Die alten Dachbodenziegel bilden heute die Fußböden der Werkstätten. Die Dachsparren wurden zur Bar-Theke und zu Bänken umfunktioniert. "Das Lokal wurde mit etwa 10.000 Brettern von alten Obst- und Gemüsekisten ausgekleidet", erzählt Planerin Ulrike Schartner.
Ein Haus für das Handwerk
Einen Ort der Begegnung und damit den von der Jury immer wieder betonten gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen ist sowohl mit dem "Kulturzentrum Ischgl" als auch mit dem "Werkraum Bregenzerwald" gelungen.
In einer Region mit nur 30.000 Einwohnern haben sich 84 Handwerksbetriebe zum Verein "Werkraum Bregenzerwald" zusammengeschlossen. Bald war klar, dass man der Zusammenarbeit einen gemeinsamen Rahmen geben wollte. Also wurde der Schweizer Architekt Peter Zumthor beauftragt, eine fixe Einrichtung zu entwerfen. Gebaut wurde der Pavillon in der Gemeinde Andelsbuch von Betrieben aus der Region. Das Gebäude mit seinem weit ausladenden Dach aus Holz und der Fassade aus Glas dient nicht nur als Versammlungsort. Wie in einem großen Schaufenster soll die Handwerkskultur im Bregenzerwald sichtbar gemacht werden.
Ein Ort für die Einheimischen
Im Wintersportort Ischgl stehen 1600 Einwohnern rund 11.000 Gästebetten gegenüber. Da für die zahlreichen Vereine im Ort immer weniger Raum zur Verfügung stand, gab die Gemeinde den Bau eines neuen Kulturzentrums in Auftrag. Die Planung wurde vom Büro parc ZT GmbH übernommen. Das Gebäude wurde in den Hang hineingebaut, über breite Sitzstufen gelangt man auf das begrünte Dach. Im Musikproberaum sorgt eine spezielle Holzkonstruktion für gute Akustik. Insgesamt 472 dreieckige Paneele bedecken die Wände. Die perforierten Platten absorbieren den Schall. Einige der Paneele sind leicht aufgeklappt und lassen so Licht vom dahinterliegenden Gang in den Raum dringen. Teil des Projekts war auch die Sanierung des denkmalgeschützten Widums (ehemaliges Pfarrhaus), das unterirdisch mit dem Kulturzentrum verbunden ist. Hier sind weitere Proberäume, eine Bibliothek und der Arbeitsplatz für den Dorf-Archivar untergebracht.
Egal ob Ischgl oder Gurk: Alle Projekte zeigen, dass Außergewöhnliches entstehen kann, wenn Bauherren Mut beweisen und Vertrauen haben.
Kommentare