Wunschbaby-Gesetz: Vorstoß für Gentests

Wunschbaby-Gesetz: Vorstoß für Gentests
Das Wagnis einer Kinderwunschklinik, ein im Ausland übliches Verfahren anzubieten, heizt die Diskussion um die Gesetzeslage in Österreich neu an.

Im kleinen Rahmen der Möglichkeiten für genetische Untersuchungen bei der künstlichen Befruchtung wagt sich nun die Kinderwunschklinik Dr. Loimer auf neues Terrain – und auf gesetzliches Glatteis. Ab nächster Woche bietet die Klinik Gentests nach der Befruchtung der Eizelle an, ein im Ausland längst übliches und häufig angewandtes Verfahren.

Dabei wird das Trophektoderm auf genetische Defekte untersucht – die äußere Zellmasse des befruchteten Eis, aus dem später der Mutterkuchen wird. Diese Methode ersetzt die Plazenta-Untersuchung (Chorionzottenbiopsie), die erst in der 12. Schwangerschaftswoche durchgeführt wird. Und soll die Sicherheit erhöhen, dass das eingesetzte befruchtete Ei überhaupt überlebensfähig ist. Auf Basis internationaler Studien erhofft sich Martin Swoboda von der Kinderwunschklinik Schwangerschaftsraten von 60 Prozent – bei Einsatz einer einzigen befruchteten Eizelle. Sonst liegt die Rate bei etwa 41 Prozent.

Wettlauf mit der Zeit

Gerade für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch ist die künstliche Befruchtung ein Wettlauf mit der Zeit – je älter eine Frau wird, desto weniger Eizellen produziert sie und desto schlechter wird deren Qualität. Damit steigt das Risiko für Fehlgeburten und Missbildungen.

Doch in Österreich fehlt die Gesetzeslage, um für eine künstliche Befruchtung bewusst nur lebensfähige befruchtete Eizellen auszuwählen. Nach Ansicht der Kinderwunschklinik verstoße man mit der Trophektoderm-Biopsie jedoch nicht gegen das österreichische Fortpflanzungsgesetz, da die Untersuchung nur an dem Teil der befruchteten Eizelle durchgeführt wird, aus dem später der Mutterkuchen gebildet wird.

Sollte der Vorstoß gesetzlich geduldet werden, freut das vor allem den Genetiker Markus Hengstschläger, der einer der Vorsitzenden der Bioethik-Kommission ist. Offiziell ist derzeit jedoch lediglich die Polkörperanalyse erlaubt, bei der nur die Eizelle gezielt nach familiär bekannten genetischen Krankheiten untersucht wird. Hengstschläger dazu: „Die Erfolgsraten sind so gut wie bei der Trophektoderm-Biopsie, doch wenn der Vater eine familiäre genetische Erkrankung trägt, kann man dem Paar mit der Polkörperanalyse leider nicht helfen.“

Erbkrankheiten

Bei führenden Experten sorgt das Fortpflanzungsmedizingesetz schon lange nur noch für Kopfschütteln. Die österreichische Bioethik-Kommission hat schon zwei Mal eine Empfehlung für die Einführung von genetischen Untersuchungen an der befruchteten Eizelle abgegeben. "Und das mit einer klar überwiegenden Mehrheit, die sich jede Partei bei einer Wahl gewünscht hätte", sagt Hengstschläger.

Wer schwere Erbkrankheiten befürchtet, geht daher für eine künstliche Befruchtung ins Ausland – vorausgesetzt, er kann es sich leisten. Oder das Paar muss die hierzulande erlaubten Pränatal-Untersuchung abwarten.

Doch in Österreich werden erst zwischen dem ersten und zweiten Schwangerschaftsdrittel Fehlbildungen über die Nackenfaltenmessung, aber auch über Fruchtwasser-, bzw. Plazentapunktionen festgestellt. Für rund 600 Euro aus der eigenen Tasche ist neuerdings die für das Ungeborene wesentlich sicherere Untersuchung über einen Bluttest möglich.

Last-Minute-Abbruch

Umso erschütternder ist für eine Schwangere eine Diagnose, bei der eine schwere Fehlbildung festgestellt wird, die gar die Lebensfähigkeit stark beeinträchtigt. In diesem Fall darf die Schwangerschaft gesetzlich bis zum Eintreten der Wehen bzw. bis zum Platzen des Fruchtwassers abgebrochen werden.

Hengstschläger: "Man kann während der Schwangerschaft genetische Tests machen und seine Konsequenzen daraus ziehen, aber der frühe Embryo wird geschützt. Für mich ergibt das weder ethisch noch juristisch Sinn." Er, und mit ihm viele Reproduktionsmediziner, sehen diese Gesetzeslücke als "Drei-Klassen-Medizin – Paare, die die beste Versorgung wollen, müssen ins Ausland fahren, wo die Behandlung nicht von den Kassen gestützt wird".

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