Worauf Schwangere bei Schmerzmitteln achten müssen

Nicht für jede Frau sind Schwangerschaft und die Wochen danach eine glückliche Zeit. Kompetente Gesprächspartner können ihnen helfen.
Paracetamol steht immer wieder unter Verdacht, bei Kindern ADHS zu verursachen - Experten geben Tipps.

Es ist nicht die erste Studie, die einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Paracetamol in der Schwangerschaft und verhaltensauffälligen Kindern herstellt. Forscher der University of Bristol (UK) berichten in einer aktuellen Studie mit rund 7800 Müttern, dass Paracetamol während der 18. und 32. Schwangerschaftswoche das Risiko für Hyperaktivität bei den Kindern im Alter von sieben Jahren um zumindest ein Drittel erhöht hat. Die Ergebnisse wurden im renommierten Fachjournal JAMA Pediatrics veröffentlicht. Die Forscher gehen sogar so weit zu sagen, dass die Verwendung des Wirkstoffs in der Schwangerschaft ein erhöhtes Risiko für diverse Verhaltensauffälligkeiten birgt.

"Das ist eine interessante Studie, aber man muss mit der Interpretation sehr vorsichtig sein", sagt dazu Prof. Christof Schaefer vom Zentrum für Arzneimittelsicherheit in der Schwangerschaft an der Berliner Uni-Klinik Charité und kritisiert, dass weder die Menge noch die Dauer der Schmerzmitteleinnahme erfasst ist. "Die Studie ändert nichts daran, dass Paracetamol das Schmerzmittel der ersten Wahl ist. Vor allem im letzten Schwangerschaftsdrittel ab der 28. Woche gibt es keine andere Wahl."

Gilt als sicher

Dazu kommt, dass das Schmerzmittel seit Jahrzehnten in der Schwangerschaft als sicher gilt, betont der Pharmakologe Christoph Baumgärtel von der österreichischen AGES Medizinmarktaufsicht. Zumal scheinbar harmlose Medikamente wie Aspirin in der Schwangerschaft sehr wohl gefährlich werden können und gar nicht eingenommen werden dürfen. Bis zur 28. Woche darf laut Schaefer noch Ibuprofen eingenommen werden, aber dann bleiben als einzige Alternative zu Paracetamol nur noch Opioide. "Und die können Mutter und Kind abhängig machen und sind das äußerste Mittel der Wahl."

Schaefer, der in seinem Zentrum jährlich rund 15.000 Anfragen von Ärzten und Schwangeren bekommt, warnt davor, werdende Mütter zu beunruhigen. "Eine Frau, die so eine Studie liest, gerät schnell in Panik, macht sich Vorwürfe, wenn sie Schmerzmittel genommen hat und erwartet dann die ganze Zeit, dass ihr Kind irgendwann auffällig wird. Dementsprechend wird sie das Kind auch anders behandeln."

Umgekehrt muss jeder Frau bewusst sein, dass jedes Medikament, das wirkt, auch Nebenwirkungen haben kann. "Daher sollten Arzneien nie sorglos oder unkritisch eingenommen werden. Also nur, wenn es sein muss und dann so kurz wie möglich", betont Schaefer. Wenn die Schmerzen anhalten, muss unbedingt Rücksprache mit dem Arzt gehalten werden. Baumgärtel warnt zudem davor, Schmerzen oder Fieberschübe auszusitzen. "Aus Angst vor Nebenwirkungen kein Paracetamol zu nehmen und hoch zu fiebern, ist sicher schädlicher für das Ungeborene."

Mehr als 10.000 schwangere Frauen in Frankreich sollen in den Jahren 2007 bis 2014 das Epilepsie-Medikament Depakine eingenommen haben – Hunderte Neugeborene sollen durch das Medikament schwere Missbildungen erlitten haben, berichtet eine französische Zeitung. Dazu gehören Aufmerksamkeitsstörungen, Autismus, aber auch fehlgebildetes Rückenmark und geistige Entwicklungsstörungen.

Den Verdacht, dass das Mittel damit in Zusammenhang steht, gab es schon länger, allerdings wurde im Beipackzettel nicht darauf hingewiesen. „Bei einer großen Auswertung im Jahr 2014 hat man gesehen, dass sich die Verdachtsfälle bestätigen und das Mittel wurde in ganz Europa für Frauen verboten bzw. wurden Warnhinweise angebracht“, erklärt Christoph Baumgärtel von der AGES Medizinmarktaufsicht. Die von der Zeitung zitierte Studie bezieht sich also auf die Zeit vor den Änderungen.

Jetzt werde Depakine nur für Frauen verschrieben, wenn gar nichts anderes hilft – und wenn sie nachweislich verhüten. Dazu müssen sie vor der Verschreibung des Epilepsie-Medikaments umfassend über die Risiken im Falle einer Schwangerschaft aufgeklärt werden und das per Unterschrift bestätigen.

In Österreich wurden bis zum Jahr 2014 insgesamt vier Fälle von Nebenwirkungen durch das Medikament gemeldet.

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