Valider werden die Quellen gut 100 Kilometer entfernt, in Galiläa. Jesus von Nazareth wuchs, wie der Name verrät, im kleinen Bauerndorf Nazareth auf.
Die Lebensumstände in Galiläa des 1. Jahrhundert könnten erklären, warum der Mann groß und zum Messias werden konnte: Seit etwa 60 Jahren ächzten die Juden unter der Besetzung durch das Römische Reich. Und plötzlich war da dieser Jesus, der sich ganz bewusst Randgruppen zuwandte – Armen und Prostituierten. "Er hat sich als religiöser Erneuerer Israels verstanden und wollte die Herrschaft Gottes", sagt Martin Stowasser vom Institut für Bibelwissenschaft der Uni Wien.
Angriff auf das System
"Jesus hatte die Vorstellung, dass durch Gott eine gerechtere Welt kommt. Wenn das aber stimmt, impliziert es, dass die jetzigen Verhältnisse – im durch die Römer besetzten Land – ungerecht sind und man etwas ändern muss. Jesus versucht eine religiöse Erneuerung, die indirekt politisch war." Genauso wie Johannes der Täufer, dessen Jünger er war, sei Jesus als politisch provokant, das System gefährdend, angesehen worden.
Jesus kam aus einer ganz traditionellen jüdischen Familie. "Über seinen Bildungshintergrund wissen wir nichts, das muss man deutlich sagen", gesteht Stowasser. "Seine religiöse Sozialisierung findet dann bei Johannes dem Täufer statt. Jesus hat wesentliche Gedanken von ihm aufgegriffen – zum Beispiel die Vorstellungen eines apokalyptischen Weltbildes, den Glauben an einen Umbruch von Seiten Gottes und eine gewisse Distanz zum Tempelkult."
Ihm sei natürlich bewusst gewesen, wie anstößig es war, mit verheirateten Männern und Frauen, die ihre Höfe, ihre Familien, verlassen hatten, durchs Land zu ziehen. "Aber er wollte Zeichen setzen. Er war sicher kein naiver, religiöser Mensch, der dann irgendwann überrascht war, dass die Sache im Konflikt endete. Das war einkalkuliert", ist der Bibelwissenschafter sicher.
Einen Welthorizont will er ihm aber nicht unterstellen: Alles, was Jesus tat und dachte, war an das Volk Israel gerichtet. "Er ging also in die Dörfer, die großen Städte seiner Zeit und die hellenistische Welt mied er dagegen. Dass er bei dem, was er tat, an das Römische Reich gedacht hat, ist aus den Quellen nicht zu sehen", sagt Stowasser.
Und dennoch fühlten sich die Machthaber bedroht, denn: "Unsere Vorstellung, dass Religion privat ist und neben dem Staat existiert, kennt man in der Antike nicht. Religion war damals öffentlich."
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