Warum wieder mehr Waldrappe illegal geschossen werden

Warum wieder mehr Waldrappe illegal geschossen werden
Artenschützer beobachten vermehrt Abschüsse des stark bedrohten Vogels in Italien. Schuld könnte die Pandemie sein.

Der jüngste Fall ist der eines Weibchens mit Namen Afra. Am 9. November überflog Afra die Küstenstadt La Spezia in Ligurien. Kurz danach zeigte der Solarsender, mit dem sie wie jeder andere Vogel des Waldrapp-Projektes ausgestattet war, ihren Tod an.

Seit Jahren bemüht sich ein Artenschutzprojekt den Waldrapp in Europa wieder heimisch zu machen. Die Population ist inzwischen auf mehr als 150 Vögel angewachsen. "Wir konnten in den vergangenen Jahren die Verluste durch illegale Jagd in Italien mehr als halbieren, das war ein großer Erfolg", sagt Projektleiter Johannes Fritz.

"Doch in diesem Jahr hat sich die Situation wieder geändert. Wir haben sieben Verdachtsfälle für illegale Abschüsse, das ist schockierend und alarmierend."

Allein in Italien werden laut BirdLife International pro Jahr durchschnittlich 5,6 Millionen Vögel illegal geschossen oder gefangen, zumeist als sportliche Betätigung und aus Tradition. Davon sind auch bedrohte Zugvogelarten betroffen, für die in den nördlich gelegenen Brutgebieten aufwändige Schutzmaßnahmen umgesetzt werden. Eine solche Vogelart ist der vom Aussterben bedrohte Waldrapp.

Im Rahmen eines großen europäischen Artenschutzprojektes soll er wieder in Europa heimisch werden. Die Population, die inzwischen mehr als 150 Vögel umfasst, brütet im Sommer in Österreich sowie Deutschland und verbringt den Winter in der südlichen Toskana.

Zu Beginn des Projektes wurden bis zu 70 Prozent der Todesfälle durch illegale Jagd in Italien verursacht. Folglich wurden seit 2014 im Rahmen eines europäischen LIFE+ Projektes umfangreiche Maßnahmen gegen diese Form der Umweltkriminalität umgesetzt, mit breiter Unterstützung durch Zooinstitutionen, NGOs und in Zusammenarbeit mit italienischen Jagdverbänden.

Die Vogelschützer vermuten, dass die vermehrte Anzahl illegaler Abschüsse in diesem Herbst auch eine Begleiterscheinung der Covid-Pandemie ist. Damit einhergehende Einschränkungen im beruflichen und sozialen Leben führen zu vermehrten Freizeitaktivitäten im Freien. In Italien zählt die Vogeljagd zu den beliebten Outdoor-Aktivitäten und offenbar auch die Wilderei.

Man hofft aber, dass das temporäre Jagdverbot in mehreren italienischen Regionen, das aufgrund der Pandemie verhängt wurde und seit 15. November gilt, zu einer Entspannung der Situation führt.

Black Spots

Seit 2017 gibt es in Italien einen Nationalen Aktionsplan zum Kampf gegen das illegale Töten von Wildvögeln. Darin sind sieben Black Spots definiert, in denen die illegale Tötung besonders gehäuft auftritt. Nicht enthalten ist aber der aktuelle Tatort: die Ligurische Küste von La Spezia bis Grosseto. Hier verzeichnet das Waldrappteam die meisten illegalen Abschüsse.

Johannes Fritz: "In dieser Region findet illegale Jagd in erschreckend großem Umfang statt, sowohl auf Waldrappe als auch auf andere Zugvogelarten." Daher fordert Fritz, dass dort ein weiterer Black Spot definiert wird.

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