Warum der Mensch irgendwie noch immer ein Affe ist

Warum der Mensch irgendwie noch immer ein Affe ist
Die Erbgut-Untersuchung von 233 Affenarten entlarvt Krankheits-Mutationen bei Menschen.

Menschen und Affen haben offenbar mehr gemeinsam, als bisher bekannt war. Das zeigten zumindest jüngste Erbgutvergleiche eines internationalen Forscherteams, an dem auch Wiener  Experten beteiligt waren. Wiener Experten erstellten einen neuen Primaten-Stammbaum, wo sich die Äste der Menschen und Schimpansen nun früher verzweigen, als bisher geglaubt (vor rund 8 statt 6 Millionen Jahren). Die Studien erschienen in einer Sonderausgabe des Fachjournals Science.

Ein internationales Forscherteam sequenzierte das Erbgut von 703 Individuen aus 211 Primatenarten (dazu gehören neben Menschen, Menschenaffen und Affen auch Lemuren) und zog zum Vergleich ältere Erbgutdaten hinzu. "Insgesamt stellten wir die Daten von 809 Individuen aus 233 Primatenarten zusammen, die alle 16 Primatenfamilien umfassen", schreibt das Forscherteam in der Fachpublikation zur vom Österreicher Lukas Kuderna geleiteten Studie. Er arbeitet in den Labors des Sequenzierautomaten-Herstellers Illumina in Foster City (USA).

Erbgutvergleiche

Die Erbgutvergleiche zeigten, dass Menschen sich viel weniger von den Affen unterscheiden, als man bisher angenommen hat. Von 647 Erbgut-Veränderungen, die bisher als rein menschlich eingestuft wurden, gibt es rund zwei Drittel auch bei anderen Primaten. "Was uns tatsächlich zum Menschen macht, scheint seltener zu sein, als erwartet", so Martin Kuhlwilm vom Department für Evolutionäre Anthropologie der Universität Wien in einer Aussendung. Erbgutvergleiche von 233 Affenarten und Menschen entlasten Millionen von Mutationen (Erbgutveränderungen) als gutartig und entlarven einige, die Krankheiten fördern, so ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung.

Häufige Mutationen ungefährlich

"Wenn Mutationen in Primaten öfter vorkommen, nehmen wir an, dass sie keinen großen Einfluss haben", erklärte Kuhlwilm der APA: "Wären sie schädlich, würden auch unsere nächsten Verwandten Probleme damit haben." Demnach wären sie weniger interessant bei der Suche nach krankheitsauslösenden Varianten. So kommen 4,3 Millionen von 70 Millionen möglichen "Fehlmutationen" häufig bei Primaten vor und können als potenziell gutartig angesehen werden, da ihr Vorhandensein bei diesen Tieren ohne Anzeichen von Krankheit toleriert wird.

Die restlichen mehr als 65 Millionen Mutationen untersuchte ein Deep-Learning-Computeralgorithmus namens "PrimateAI-3D". Er sollte vorhersagen, wie wahrscheinlich sie krankheitsfördernd sind, so Kuhlwilm. Dabei wurden unter anderem achtzehn neue Varianten entdeckt, die Entwicklungsstörungen des Nervensystems begünstigen können.

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