Vegetarier-DNA: Liegt der Hang zum Fleischverzicht in den Genen?

Eine Frau mit Brokkoli und Salat in Händen.
Der Verzicht auf Fleisch könnte im menschlichen Erbgut begründet sein, zeigt eine neue Studie zum vegetarischen Ernährungsstil aus den USA.

Ob aus kulturellen, gesundheitlichen, ökologischen oder ethischen Gründen: Der Anteil jener Menschen, die hierzulande auf Fleisch verzichten und vermehrt pflanzliche Alternativen konsumieren, steigt stetig, wenn auch auf niedrigem Niveau.

Die Entscheidung für ein Leben als Vegetarier könnte zu einem Gutteil durch die Gene bestimmt werden, zeigt nun eine neue US-Studie, die in der Fachzeitschrift PLOS One veröffentlicht wurde. Es konnten spezifische Gene identifiziert werden, die mit dem Ernährungsverhalten in Zusammenhang stehen könnten.

"Zum jetzigen Zeitpunkt können wir sagen, dass das Erbgut eine wichtige Rolle beim Vegetarismus spielt", wird Nabeel Yaseen, Hauptautor der Studie und emeritierter Professor für Pathologie an der Northwestern University, von CNN dazu zitiert. Einige Menschen seien daher wohl "genetisch besser für eine vegetarische Ernährung geeignet als andere".

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Zwar seien die Beweggründe für eine vegetarische Lebensweise vielfältig und individuell, oftmals würden die Menschen den Fleischverzicht aber nicht durchgängig aufrechterhalten. "Ein großer Teil der Menschen, die sich selbst als Vegetarier bezeichnen, gab in unseren detaillierten Fragebögen an, Fleischprodukte zu konsumieren", so Yaseen. Das deute darauf hin, "dass viele Menschen, die gerne Vegetarier wären, nicht dazu in der Lage sind (…) und unsere Daten legen nahe, dass die Genetik zumindest einen Teil des Grundes darstellt".

Die Forschenden zogen Daten aus der britischen Biobank, einer großen biomedizinischen Datenbank und Forschungsressource, in der über einen langen Zeitraum Daten von Menschen gesammelt werden, für ihre Analysen heran. Mehr als 5.000 strenge Vegetarier, also Menschen, die im letzten Jahr kein Fleisch gegessen hatten, wurden mit mehr als 300.000 Menschen in einer Kontrollgruppe verglichen, die im Vorjahr Fleisch konsumiert hatten.

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Die Forscherinnen und Forscher identifizierten drei Gene, die stark mit Vegetarismus in Verbindung gebracht werden konnten – und weitere 31, die potenziell mit fleischloser Ernährung in Zusammenhang stehen könnten. Bei einer genetischen Analyse stellte man fest, dass Vegetarier mit größerer Wahrscheinlichkeit als Nicht-Vegetarier verschiedene Varianten dieser Gene aufweisen.

"Wir vermuten, dass das mit genetischen Unterschieden im Fettstoffwechsel und dessen Auswirkungen auf die Gehirnfunktion zu tun haben könnte", spekuliert Yaseen, der betont, dass diese Hypothese noch weiter untersucht werden muss.

Zahlen
Um die sechs Prozent der Österreicher leben als Vegetarier oder Veganer, verzichten also auf Fisch und Fleisch oder generell auf tierische Produkte.

Gründe
Die Hauptauslöser für eine Ernährungsumstellung haben keinen gesundheitlichen, sondern einen ethischen Hintergrund. Fast die Hälfte der heimischen Vegetarier verzichtet wegen Berichten über Massentierhaltung oder Schlachtungen auf Fleisch.

Gesundheit
Eine vorwiegend pflanzliche Ernährungsweise deckt sich mit den Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (OEGE): Demnach sind zwei bis drei Portionen (fettarmes) Fleisch pro Woche ideal. Für die Gesundheit – und fürs Gewissen.

José Ordovás, Professor für Ernährung und Genetik an der Tufts University in Massachusetts, war nicht an der Studie beteiligt – hält ihre Ergebnisse aber für spannend: "Die Studie unterstreicht die komplizierte Verbindung zwischen unseren Genen und unseren Ernährungsgewohnheiten, was darauf hindeutet, dass wir in Zukunft personalisierte Ernährungsempfehlungen auf der Grundlage genetischer Veranlagungen erhalten könnten", sagte er im CNN-Interview.

 

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In der Studie konnte nicht festgestellt werden, wer genetisch zum Vegetarismus veranlagt ist und wer nicht, aber die Forscher hoffen, dass diese Frage in künftigen Arbeiten geklärt werden kann, so Yaseen.

Obwohl die Studie ihre Schwäche habe – so wurden etwa nur Menschen mit weißer Hautfarbe untersucht, was die Erkenntnisse nicht auf die Allgemeinheit übertragbar macht – werfe sie "ein Licht auf einen relativ wenig erforschten Bereich der Forschung: die Genetik hinter den Ernährungspräferenzen".

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