Richtig los ging es aber, als der Sport die Alpen erreichte. Dort traf er auf das Bergsteigen und beides vermischte sich. Urbane Freizeitsportler und Bergsteiger passten die Technik an die steilen Hänge an und begannen, einfach zum Vergnügen Ski zu fahren.
In Sachen alpiner Skilauf kam man ab den 1920er-Jahren nicht um Österreich herum, weiß der Historiker Philipp Strobl, der die Geschichte des damals exotischen Sports erforscht hat. „Die moderne Skitechnik wurde hierzulande erfunden. Wegweisende Skischulen entstanden in Österreich und die haben Skilehrer in alle Welt geschickt.“
1922 gründete der Österreicher Hannes Schneider die erste kommerzielle Skischule und machte St. Anton am Arlberg zur „Wiege des professionellen Skiunterrichts“. Seine „Arlbergtechnik“ (u. d. Stemmbogen) wurde rasch populär. Ab den 1930er Jahren unterrichteten österreichische Skilehrer die „Arlbergtechnik“ dann vor allem in außereuropäischen Skigebieten. Sogar im nordafrikanischen Atlasgebirge. Mitte der 1930er Jahre kamen dann die ersten Skilehrer, die für Hannes Schneider gearbeitet hatten, in die USA. Sogar eine US-Filiale der Skischule Hannes Schneider wurde eröffnet.
Zu dieser Zeit hatten die Nationalsozialisten die Heimat vieler Skilehrer bereits fest im Griff. Der Beginn der nationalsozialistischen Diktatur in Österreich bedeutete einen enormen Einschnitt – auf beiden Seiten des Globus: Hannes Schneider wurde als Anhänger von Engelbert Dollfuss rasch zum Feindbild der Nazis. 1939 gelang ihm die Flucht in die USA, wo er die Skischule des Cranmore Mountain Resort leitete.
Ski-Migranten
Schneider war zwar der berühmteste österreichische Skilehrer in den USA, aber bei weitem nicht der einzige: Mehrere Mitarbeiter aus seiner ehemaligen Skischule in St. Anton siedelten 1938 ebenfalls in die USA über. Wer jetzt denkt, die Schi-Migranten wären in den amerikanischen Bergen gemachte Männer gewesen, irrt. Als der Zweite Weltkrieg begann, betrachteten die US-Behörden Österreicher als potenzielles Sicherheitsrisiko, viele wurden als „feindliche Ausländer“ interniert. Andere aber dienten in der US-Armee: Die 10. Gebirgsdivision war ein Sammelbecken von erfahrenen Schilehrern und Exilanten.
Siegeszug des Skisport
Der Militärdienst der Migranten wurde auch zum entscheidenden Faktor für den Siegeszug des Skisports nach dem Krieg. Denn im Mountain Training Center in Colorado hatten die Auswanderer aus den Alpen bereits während des Krieges Tausenden jungen Amerikanern Schneiders „Arlbergtechnik“ beigebracht. Nach dem Krieg hielten die Freundschaften. Und so kam es, dass Veteranen der 10. Gebirgsdivision nach dem Krieg 62 Skigebiete in den USA entwickelten und leiteten. Bemerkenswert dabei: Viele der erfolgreichen österreichischen Skilehrer kamen mit nur minimaler formaler Ausbildung in die neue Heimat und wurden trotzdem hervorragende Unternehmer. Wahrscheinlich half ihnen der vielzitierte Naturburschen-Charme dabei. Der hat auch Karl Anton Schwarz bei seiner ungewöhnliche Karriere geholfen.
Der 22-jährige Sohn eines Holzhändlers aus Grinzing hatte früh erkannt haben, dass sich die Situation für jüdischstämmige Menschen stark verschlechtern wird. Bereits einen Monat nach dem Anschluss wanderte er aus. In Australien eröffnete er Berghütten nach Tiroler Vorbild und entwickelte Skigebiete. Bis heute gilt Charles William Anton (so nannte sich Schwarz mittlerweile) als einer der Begründer des Skisports in Australien.
Einzelschicksale? Ja, aber sie zeigen auch, welchen Beitrag österreichische Zuwanderer für den Nachkriegsschisport geleistet haben, ist Strobl überzeugt. Das ist es auch, was den Zeithistoriker besonders interessiert hat: „Diese neuen Idee, die mit den Migranten ankamen – ein enormer Wissenstransfer.“
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