Flut von billigem Geld
Um die Truppen in den Bürgerkriegen des dritten Jahrhunderts trotz leerer Staatskasse bezahlen zu können, griffen die römischen Herrscher auf einen Trick zurück, der auch heute noch Anwendung findet: Sie fluteten den Markt mit billigem Geld.
Da es damals noch keine Notenbank und Papiergeld gab, prägten sie also einfach immer mehr Münzen, deren Edelmetallgehalt immer geringer wurde. So konnten die Kriegsparteien mehr Soldaten mobilisieren, aber zu dem Preis, dass das Geld eben weniger werthaltig wurde.
Das wohl bekannteste Preisdeckel-Experiment in der Antike stammt von Diokletian (Kaiser von 284 bis 305). Das überlieferte „edictum de pretiis rerum venalium“ legte Maximalpreise für einen Katalog von 1.000 Waren und Dienstleistungen fest. Wie die Populisten der Neuzeit gibt Diokletian im Edikt „Wucherern“ und „Spekulanten, deren Gier endlos ist“, die Schuld an der Inflation.
Der Preisdeckel ist älter als das römische Reich
Hatte das Höchstpreisedikt Erfolg? Es gibt Hinweise auf eine Verknappung der Produkte auf den offiziellen Märkten. Zugleich dürfte ein blühender Schwarzmarkt entstanden sein. Faktum ist: Acht Jahre nach dem Edikt beendete Konstantin der Große (Kaiser von 306 bis 337) den Spuk mit einer Währungsreform.
Die Römer waren übrigens nicht die Erfinder des Preisdeckels. Schon der Kodex Hammurapi, der nach dem gleichnamigen babylonischen König aus dem 18. Jahrhundert v. Chr. benannt ist, enthält neben vielen detaillierten Rechtsvorschriften auch Fix-Angaben zu Preisen und Löhnen. Der Kodex ist im Louvre zu sehen.
Apropos Frankreich: Vier Jahre nach der Revolution erließen 1793 die regierenden Jakobiner unter Maximilien de Robespierre (1758–1794) die „Maximumgesetze“. Damit wurden Höchstpreise für fast alle Grundnahrungsmittel festgelegt. Ergebnis: siehe Rom 301 ff.
Auch Lenin und Göring griffen darauf zurück
Zu den großen Preis-Kontrolloren der Geschichte zählten dann im 20. Jahrhundert die Kommunisten. Im Kommunismus sind regulierte Löhne und Preise fixer Bestandteil der Planwirtschaft. Weil er deren Nachteile erkannte, erlaubte Sowjetführer Wladimir I. Lenin (1870–1924) im Zuge seiner Neuen Ökonomischen Politik NEP ab 1921 private Landwirtschaft und privaten Handel. Nachfolger Stalin drehte die NEP dann ab.
Auch die Nationalsozialisten froren 1936 die Preise ein; zwei Jahre später dann die Löhne. Ober-Nazi Hermann Göring (1893–1946) sagte dazu in Gefangenschaft zu einem US-Reporter: „Wer Löhne und Preise kontrollieren möchte, muss auch das Leben der Menschen kontrollieren.“
In den USA wurden die Preise im Zweiten Weltkrieg ebenfalls reguliert. Was folgte, nennen Ökonomen eine „zurückgestaute Inflation“. Dabei werden die Waren gehortet. Die Nachfrage wird größer als das Angebot. Es wäre nämlich genug Geld da, um die Waren zu kaufen. Es bildet sich also ein gewaltiger Geldüberhang.
Erdoğan hetzte Lebensmittelhändlern die Polizei auf den Hals
Fazit: Als die Preiskontrollen nach Kriegsende aufgehoben wurden, wirkte das wie ein Dammbruch. Die Verbraucherpreise stiegen zeitweise um jährlich bis zu 40 Prozent. Dennoch versuchte auch Richard Nixon (Präsident 1969–1974) im August 1971, mit einem dreimonatigen Preis- und Lohnstopp die Inflation unter Kontrolle zu bringen.
Großbritannien verhängte 1972 einen Preis- und Lohnstopp. In Frankreich schaffte François Mitterrand (Präsident 1981– 1995) 1981 die Todesstrafe und die 1792 eingeführte Guillotine ab, aber wie die Jakobiner verhängte er 1982 einen Preis- und Lohnstopp.
Recep Tayyip Erdoğan (türkischer Präsident seit 2014) ging da zuletzt einen anderen Weg. Als die Inflation 2022 explodierte, hetzte er den Lebensmittelhändlern die Polizei an den Hals. Genützt hat auch das wenig. Zuletzt lag die Inflation in der Türkei bei 47,8 Prozent.
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