Ostern anno dazumal bei Kaisers: So feierten die Habsburger
Rote Eier mit Liebesschwüren. Wallfahrten, Alkoholexzesse inklusive. Armen-Fußwaschungen durch den Kaiser. Und beten, beten, beten: So feierte der Hof.
Am Ostersonntag 1839 lagen anstrengende Tage hinter dem adeligen Fräulein Hoyos, und das obwohl seit Palmsonntag alle Theater Wiens geschlossen hatten und auch andere Vergnügungen nicht erlaubt waren. Die 23-jährige Gräfin Julie schrieb also an ihre Schwester Caroline: Mein Gebeth u. Tag hat heute schon um 1/2 7 Uhr angefangen, weil ich meine Andacht verrichtet, dann nur schnell zu Hause gefrühstückt, u. wieder in die Predigt gegangen, ich bin wirklich etwas müde, denn leider bin ich nicht genug heilig.
Fest steht: Am Karsamstag hatte schon um sieben Uhr früh im Stephansdom eine Feuer- und Osterkerzenweihe stattgefunden, gefolgt von der Weihe des Wassers zur heiligen Taufe und dem feierlichen Hochamt um acht Uhr. Um 18 Uhr beging der Hof dann das Fest der Auferstehung. „Dazwischen wird die ganze Zeit gebetet“, berichtet Waltraud Schütz.
Die Historikerin der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) erforscht den Alltag von Menschen unterschiedlicher Herkunft im 19. Jahrhundert.
Derzeit interessieren sie adelige Frauen, besonders die beiden Schwestern der Familie Hoyos: „Die haben einander viele Briefe geschrieben“, erzählt sie. Da geht es auch um die Osterzeit. Zusätzlich hat Schütz Tagebücher, Gesetze, Bittgesuche, Polizeiberichte und Zeitungsberichte ausgewertet. So kann sie sich ein gutes Bild über die Feiertage am Hof in Wien machen.
Keine Ausnahmen
Womit wir wieder bei Gebet und Kirchgang wären. Ein Kirchenbesuch in der Karwoche scheint eindrucksvoll gewesen zu sein, Kirchen wurden als Heilige Gräber inszeniert. In zeitgenössischen Berichten ist zu lesen, dass am Karfreitag Hundertausende in den Straßen der Stadt und der Vororte unterwegs waren, um in die Kirche zu gehen. Schütz: „Dass Adelige sich davor drückten, wurde nicht gerne gesehen. Es war ganz wichtig, dass die adeligen Familien die Osterzeit mit der kaiserlichen Familie feierten.“
In mancherlei Hinsicht stimmt das Wort feiern allerdings nicht ganz: So berichtet die Historikerin, dass der Kaiser traditionell je zwölf bedürftigen Frauen und Männern die Füße gewaschen hat. „Das diente als Zeichen der Demut und sollte beispielgebend für die Ausübung von Nächstenliebe – Caritas – sein“, erklärt Schütz. Für das Jahr 1831 ist überliefert, dass auch die Ehefrau von Kaiser Franz I., Carolina Augusta, Frauen im Alter zwischen 84 und 91 die Füße wusch.
Für die Auserwählten – sie mussten zuvor Bittgesuche einreichen – war das jedenfalls eine große Sache: Sie wurden mit einer Kutsche von zu Hause abgeholt. „Angesichts der Armut großer Bevölkerungsteile gab es durchaus auch Stimmen, die dieses Zurschaustellen kritisierten“, sagt die Historikerin.
Vor dem Ritual wurde gemeinsam gegessen – Männer rechts, Frauen links. Gereicht wurden Milchsuppe, Fisch und Kuchen. Die Reste kamen in Körbe mit kaiserlichem Adlersymbol und durften mit nach Hause genommen werden.
Ob bereits gefärbte Ostereier darin lagen, ist übrigens nicht überliefert. Wohl aber, dass es sie gegeben hat. „Die ursprüngliche Farbe der Ostereier war Rot, was an das Blut von Jesus erinnern sollte. Das Küken bricht durch die Schale, das war eine Analogie zu Jesus, der aufersteht“, erklärt Schütz.
Im frühen 19. Jahrhundert waren die Ostereier aber auch mit moralischen Sinnsprüchen versehen, die Kindern gute Sitten näherbringen sollten.
von Waltraud Schütz
Historikerin
Da stand zum Beispiel: Höchst elend ist, wer Gott vergisst. Oder: Ein dankbar Herz flammt Himmelwärts. Sogar Liebeserklärungen fanden aufs Osterei. Etwa: Mein Herz ist warm, dies Ei ist roth, Treu bleibe ich Dir bis zum Tod. Oder: Was ich fühl’ an Lieb’ und Pein, Schrieb’ ich in dies Ei hinein.
Ausnahmezustand
Fest steht, dass Karwoche und Osterfeiertage den ganzen Hof in einen Ausnahmezustand versetzten. Und dem fiel irgendwann sogar die bis dahin traditionelle kaiserliche Wallfahrt zum Kalvarienberg in Hernals zum Opfer. Schütz: „Bis Mitte des 18. Jahrhunderts pilgerte die kaiserliche Familie, um den Tod Jesu Christi zu betrauern, vom Schottentor über das Glacis, durch die heutige Alserstraße bis nach Hernals.“ Der alte Kreuzweg hatte sieben Stationen und angeblich dieselbe Länge wie die Via Dolorosa in Jerusalem.
Alkohol-Exzesse
Dass die von Kirchgang und Gebet ermatteten Adeligen die Oster-Wallfahrt abgesagt hatten, kümmerte die Wiener aber anscheinend wenig. Die Historikerin weiß: „Sie pilgerten weiterhin zur Kalvarienbergkirche, vor allem bei Schönwetter. Bald eröffneten rundherum Weinstuben und Gasthäuser. Mitunter wurden die Alkohol-Exzesse beklagt, die während der Osterzeit stattfinden würden, und es wurde verstärkt Polizeiaufsicht gefordert.“
Kommerz
Rosenkranz- und Gebetsbuchanbieter witterten zunehmend ein gutes Geschäft und boten den Wallfahrern ihre Waren an. „Damals erlebten Elemente des Osterfestes eine Kommerzialisierung“, sagt Schütz und weiß auch, wann Ostern und Hasen zusammen fanden: „Ab Ende des Jahrhunderts wurden Osterhasen aus Blech und Porzellan verschenkt. Um 1900 dann auch aus Schokolade.“
Kommentare