Menschen können Krankheit an der Nasenspitze ablesen

Menschen können Krankheit an der Nasenspitze ablesen
Zivilisationsfremde Völker können kranke Europäer problemlos erkennen. Krankheiten erkennen ist also eine universelle menschliche Eigenschaft.

Nein, die Forscher des Karolinska-Instituts in Stockholm sind keine Sadisten, nur neugierig. Sie infizierten eine Gruppe schwedischer Testteilnehmer mit Bakterien oder einem Placebo. Zwei Stunden später wurden die Gesichter der Teilnehmer fotografiert. Diese Aufnahmen wurden dann anderen Teilnehmern aus Schweden sowie Menschen aus fünf anderen Bevölkerungsgruppen in aller Welt vorgelegt. Sie sollten angeben, hinter welchen der Gesichter sich kranke und hinter welchen gesunde Menschen verbargen.

Und tatsächlich: Menschen können am Gesicht von Erkrankten ablesen, dass diese nicht gesund sind. Auch zivilisationsferne Völker, die westliche Gesichter kaum oder gar nicht kennen, können mit großer Sicherheit kranke Westeuropäer identifizieren, schreiben die Forschenden einer Studie, die aktuell in der Fachzeitschrift „Proceedings of the Royal Society B“ veröffentlicht wurde.

Ansteckungen verringern

Es ist bekannt, dass Säugetiere die Fähigkeit besitzen, kranke Artgenossen zu erkennen. Das ist entscheidend, um Ansteckungen zu verringern und die eigenen Überlebenschancen zu erhöhen. Ein internationales Forscherteam um Artin Arshamian hat sich nun angeschaut, inwieweit Menschen das auch können und vor allem, ob sie dies auch bei Erkrankungen von Personen aus anderen Kulturkreisen können, mit denen sie bisher kaum oder keinen Kontakt hatten. Letztlich haben sie damit untersucht, ob die Fähigkeit zur Erkennung von Kranken eine universelle menschliche Eigenschaft ist.

Jäger und Sammler

Bei den drei zivilisationsferneb Völken handelte es sich übrigens um kleine Jäger-Sammler-Völker aus Thailand, Malaysia und Mexiko. Sie leben demnach in Regenwäldern und der Wüste, Zugang zum Fernsehen oder Internet haben sie kaum oder gar nicht. Die weiteren Teilnehmer waren Stadtbewohner aus Thailand und Mexiko.

Alle Gruppen konnten eine kranke Person mit hoher Trefferwahrscheinlichkeit identifizieren. Dennoch ist das Versuchsergebnis überraschend, wie Arshamian erklärte. Man habe angenommen, dass diejenigen, die an westeuropäische Gesichter stärker gewöhnt waren, einen Vorteil gegenüber den anderen Gruppen hätten. „Aber das ist überhaupt nicht der Fall gewesen“, sagt Arshamian.

Die schwedische Testgruppe sei nicht besser als all die anderen Gruppen gewesen, obwohl sie ihr Leben lang gesunde und schwedische Gesichter kennengelernt habe. In weiteren Projekten wollen die Wissenschafter nun unter anderem untersuchen, ob Kranke und Gesunde auch anhand ihrer Bewegungen unterschieden werden können.

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