Grazer Forscher machen Wasserstoff aus Schweinemist

Symbolbild
"Es entsteht hochreiner Wasserstoff für Brennstoffzellen aus realem Biogas, und zwar nicht nur im Labor."

Forschern der TU Graz und vom steirischen Start-up Rouge H2 Engineering ist nach einem erfolgreichen Projekt im Labor nun auch die tatsächliche Erzeugung von Wasserstoff aus realem Biogas gelungen. Das vom FFG-geförderte Projekt "Biogas2H2" hat vielversprechende Ergebnisse in einer Demonstrationsanlage im südsteirischen Mureck hervorgebracht, hieß es am Donnerstag in einer Aussendung der Technischen Universität.

"Wir zeigen damit, dass ein Chemical-Looping System in eine bestehende Biogasanlage eingebunden werden kann. Es entsteht hochreiner Wasserstoff für Brennstoffzellen aus realem Biogas, und zwar nicht nur im Labor, sondern tatsächlich im industriellen Maßstab", schilderte Viktor Hacker vom Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik.

Das reale Biogas, es stammt aus Methangas aus Schweinegülle, Glycerinphase, Silomais und Getreideresten, stammte von der südsteirischen Ökostrom Mureck GmbH.

Grüner Wasserstoff hochspannend

Dort zeigte man sich an einem zusätzlichen Standbein interessiert, denn mit dem Verfahren könne dezentral Wasserstoff hergestellt und verkauft werden: "Die Option, dass unser Biogas neben Strom zusätzlich auch grünen Wasserstoff für nachhaltige Mobilität erzeugt, ist natürlich hochspannend für uns", meinte Geschäftsführer Karl Totter.

Für eine flächendeckende Versorgung mit Wasserstoff ist eine dezentrale Herstellung künftig unumgänglich. Am besten soll es auch noch klimaneutral aus lokal verfügbaren erneuerbaren Energiequellen produziert werden. 2020 haben Hacker und sein Team zusammen mit Rouge H2 Engineering das nachhaltige Verfahren zur dezentralen Wasserstofferzeugung präsentiert, die sogenannte Chemical-Looping Hydrogen-Methode. Die mehrfach ausgezeichneten Forschungsergebnisse mündeten in einer kompakten On-Site-On-Demand-Anlage, die - ausgehend von Biogas, Biomasse oder Erdgas - Wasserstoff erzeugen kann.

Grüner Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger in der Energie- und Mobilitätswende, ist derzeit aber noch nicht massentauglich. Das hat mehrere Gründe: Wasserstoff wird derzeit überwiegend zentral aus fossilen Rohstoffen erzeugt. Anschließend muss er in einem teuren sowie energieintensiven Prozess komprimiert oder verflüssigt werden, um ihn beispielsweise an Tankstellen liefern zu können. Und dort braucht es wiederum Infrastruktur und Investitionen, um große Wasserstoffmengen zu speichern.

Reinheitsgrad von 99,998 Prozent

Bis Ende Oktober ist die Demonstrationsanlage in Mureck noch in Betrieb. Die Zehn-Kilowatt-Anlage zweigt dabei etwa ein Prozent des Biogasstroms ab (etwa 30 Liter pro Minute) und vermischt es mit Wasserdampf. Das Gemisch strömt in den Reaktor der Anlage. Dort wird das Biogas reformiert und Synthesegas hergestellt. Dieses Gas reduziert in weiterer Folge Eisenoxid zu Eisen. Dann kommt Wasserdampf in den Reaktor, der das Eisen wieder zu Eisenoxid reoxidiert. Dabei wird Wasserstoff mit einem Reinheitsgrad von 99,998 Prozent frei.

Mit diesem Eisen-Wasserdampf-Prozess wird ein Wirkungsgrad von 75 Prozent erreicht. "Würden wir anstelle des einen Prozents den gesamten Biogasstrom der Murecker Biogasanlage (etwa 480 Kubikmeter pro Stunde) durch eine entsprechend hochskalierte Chemical-Looping-Anlage leiten, kämen wir sogar auf eine Drei-Megawatt Wasserstoffproduktionsanlage. Das bedeutet, die Technologie ist nun reif für den kommerziellen Einsatz. Wir können auch im großen Maßstab dezentralen Wasserstoff aus realem Biogas herstellen. Alles, was es braucht, ist ein wenig Platz für unsere Anlage. Wir sind daher ab sofort offen für Aufträge aus der Biogasindustrie", betont Rouge H2 Projektleiter Gernot Voitic.

Mit der dezentralen Herstellung könnte der Wasserstoff auch deutlich billiger angeboten werden. Ein paar Herausforderungen, wie etwa der notwendige sehr hohe Druck bei der Betankung mit Wasserstoff, gelte es auch noch zu lösen, doch das Verfahren habe sich bewiesen.

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