Gemütliches Leben machte Vindobona zur Weltstadt Wien

In Carnuntum erinnern Ruinen an die Pracht.
Für die Römer war Carnuntum zunächst wichtiger. Doch sie lebten dort militärisch exponierter als in der Schwesternstadt.

Carnuntum versus Vindobona - das war wahre Brutalität: Im Jahre 40 nach Christus etwa gründeten die Römer zeitgleich zwei befestigte Siedlungen im Wiener Becken. Zunächst war Carnuntum wichtiger, heute ist es eine Ruine. Das damals unbedeutendere Vindobona dagegen entwickelte sich zur Weltstadt von heute. "Es lag an der gemütlicheren Lage", sagte Diana Hatzenbühler vom Institut für Geologie der Universität Wien bei einer Fachkonferenz in Wien.

Die Zivilstadt Carnuntum blühte direkt am pannonischen Limes auf, sie wuchs parallel zum Legionslager und war seit Beginn des 2. Jhdts. n. Chr. Verwaltungszentrum der römischen Provinz Pannonien. Sie wurde "quasi ein Opfer der Geopolitik", meinte Hatzenbühler auf der Generalversammlung der European Geosciences Union (EGU): Es war mehr im Fokus von Aufständen und militärischen Vorfällen als das kleine Geschwisterchen im Westen. Die Provinzhauptstadt Carnuntum war damals viel exponierter und hatte im Osten keine starke, schützende römische Befestigung.

Beschauliches Leben mit frischem Wasser

In Vindobona konnten die Römer ein etwas beschaulicheres Leben führen, erklärte Hatzenbühler. Auch sauberes Wasser war dort besser verfügbar. Als Folge wurde Vindobona zum neuen Provinzmittelpunkt. Im fünften Jahrhundert hörte Carnuntum mehr oder weniger auf zu existieren, wohingegen der andere Ort als neues Zentrum zu florieren begann.

Natur als Motor

Die städtische Entwicklung der Region wurde im Laufe der Jahrhunderte nicht nur durch ständige militärische Bedrohungen eingeschränkt. Nördlich der Donau war die Landwirtschaft durch Trockenheit und Sandverwehungen stets klimatisch eingeschränkt. Die meisten Siedlungen an den Ufern der Donau und ihrer Nebenflüsse waren häufig von Überschwemmungen und Erosion betroffen.

Viele Dörfer verschwanden infolge solcher Naturgefahren vollständig. Seit einigen Jahrzehnten ist die natürliche Flussdynamik technisch eingeschränkt, und viele Anbauflächen werden nun künstlich bewässert. Die Analyse der Sedimentaufzeichnungen flussabwärts von Wien zeigt deutlich den anthropogenen Einfluss auf die Sedimentationsprozesse.

Einfluss von Politik und Bauarbeiten

Die Donau durchquert die Gebirgszüge des Wienerwaldes und der Kleinen Karpaten und bildet die östliche und westliche Grenze des zentralen Wiener Beckens. Über viele Jahrhunderte war der Fluss sowohl Barriere als auch Transportweg. Die Auen und Flussterrassen entlang der Donau dienten als Konzentrationszonen und Schlachtfelder während unzähliger Konflikte zwischen Mitteleuropa und seinen Feinden.

Die Politik beeinflusste seit jeher die Stadtentwicklung. Im 10. Jahrhundert wurde die Befestigung Wiens forciert. Im 19. Jahrhundert stellten sich die Mauern als für das starke Wachstum störend heraus, sie wurden entfernt. Bauliche Maßnahmen lenkten auch die unbändige Donau in Bahnen, der Fluss wurde reguliert. Im 20. Jahrhundert folgte eine „große Beschleunigung“ in der Stadtentwicklung: Wien wuchs und wuchs - zur heutigen Weltstadt heran, beschrieb die Geologin.

Weltstadt

Anfang 2023 lebten rund 1,98 Millionen Menschen in der Bundeshauptstadt.

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