1841 veranstaltete die Gesellschaft adeliger Frauen zur Beförderung des Guten und Nützlichen ein „großes ländliches Fest im Helenenthal“ mit Pyrotechniker Stuwer, seinem Feuerwerk und „besten Kaffee Gefrornen und anderen Erfrischungen sowie Zuckerbäckereien“.
Jahre zuvor hatte sich hier ein Sommertrend entwickelt: „In Baden ist es jetzt der größte Hit und Elegance, einige Meter auf Eseln zu reiten...“, notierte die eifrige Briefeschreiberin Hoyos. „Ganz besonders charmante muß aber der Anblick gewesen seyn, als neulich Königin, u. Kaiserin, auf so grauen Thierchen herumritten!!“
Die Natur wird entdeckt
Ja, seit Kaiserin Karoline Auguste, die mit ihrem Mann Kaiser Franz I./II. immer in Baden auf Sommerfrische weilte, auf den Esel gekommen war, musste man sich sogar „pränumerieren“ – also ein paar Tage zuvor anmelden.
Es war die Zeit, in der alle hinaus wollten: Die österreichische Landschaft wurde entdeckt, Berge und Seen zum Sehnsuchtsort. Während des Sommers gehörte es „in Wien zum guten Tone … „auf das Land zu ziehen“, schrieb der Topograf Adolph Schmidl 1833, „um der schwülen dumpfigen Stadt zu entfliehen“.
Schütz weiter: "Um 1800 begannen die Herrscher, die Parks der Öffentlichkeit zu öffnen. Auch die Möglichkeit zu reisen verbessert sich – die Frequenz von Postwagen wird erhöht“. In den 1830ern macht die Eisenbahn die Menschen zusätzlich mobil. Und weil das Reisen immer günstiger wird, steigt die Lust auf Ausflüge. „Sommerfrische wird für die breite Masse verfügbar“, sagt Schütz. „Das war eine Riesenveränderung.“
Reisen für viele
Denn: Nicht nur Adelige und das gehobene Bürgertum – alle, die es sich irgendwie leisten konnten, frönten der Sommerfrische. „Da gehörte auch die Handwerkerschicht in Wien dazu. Wer einen Betrieb hatte, etwa ein Fleischermeister, leiste sich um 1800 tatsächlich Sommerfrischehäuser“, weiß die Historikerin. Realistischer Nachsatz: „Wer aber in einer Baumwollspinnerei 16 Stunden schuftete, hat natürlich keine Sommerfrische gemacht.“
Kaiser schauen
Die Vorlieben kaiserlicher Familien in Bezug auf ihre Feriendomizile beeinflussten maßgeblich die Entwicklung von Kurstädten. Wer den Sommer in Baden verbrachte, hatte gute Chancen, Kaiser Franz und seine Frau Karoline Auguste beim Spaziergang anzutreffen. Natürlich allzeit korrekt und in neueste Sommermode gewandet: Selbst in der größten Hitze kleidete sich die kaiserliche Familie von Kopf bis Fuß – Männer trugen dunklen Gehrock, helle Hosen und Zylinder; Frauen hochgeschlossene Kleider mit Spitzen und Florentinerhut, ein flacher breitkrempiger Strohhut.
Die Anwesenheit der kaiserlichen Familie wirkte wie ein Magnet. Auch Bad Ischl wurde nicht erst im Kielwasser von Franz Joseph und Elisabeth ein beliebtes Sommerziel. Bereits der Bruder von Kaiser Franz, Erzherzog Ludwig, verbrachte ab 1804 jeden Sommer hier.
„Erste Reiseführer wurden publiziert“, sagt die Habsburger-Expertin der ÖAW. Der Leibarzt des Kaisers veröffentlichte „Ischl und seine Heilanstalten“. Anreisetipps inklusive.
Mit Erfolg, wie es scheint: In der wöchentlich veröffentlichten „Ischler Bade-Liste“ finden sich nicht nur die Namen von Besuchern aus allen Teilen der Habsburgermonarchie, sondern auch solche aus London, Edinburgh, St. Petersburg. Und am 14. Juli 1842 kommt gar ein „Herr James Lenigan, englischer Edelmann, sammt Familie, aus Irland“ an und residierte in der Villa Vielweib.
„Während der Sommerfrische kam es zu einer Durchmischung der Schichten“, weiß Schütz „In Gutenstein wimmelt es nur so von Fremden“, meinte damals eine Gutsbesitzerin. Unter ihnen auch Fürst Metternich, der im Juli 1836 mit seiner Frau spontan in Gutenstein bei Julie Hoyos vorbeischaute. Zum Glück hätte die Gräfin Forellen, Gefrorenes und Erdbeeren zu Hause gehabt, schrieb sie erleichtert.
Womit sich die hohen Herrschaften die Langeweile an diesem Sommertag vertrieben? Sie spielten nach dem Essen eine Partie Federball – neben den schon damals alljährlich aufkommenden neuen Freizeittrends ein Sommerfrische-Dauerbrenner.
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