Evolution: Österreichische Forscher entdecken einen neuen unbekannten Menschentyp

Evolution: Österreichische Forscher entdecken einen neuen unbekannten Menschentyp
Teils Neandertaler, teils archaischer Homo: Aus diesen Vorfahren könnten sich die meisten Menschen des mittleren Pleistozäns entwickelt haben.

„Als wir die Fossilien betrachteten, dachten wir zunächst, es wäre ein untypischer Neandertaler, den wir da vor uns hatten“, Gerhard Weber, Anthropologe an der Universität Wien war verblüfft. Und packte seine Spezialwerkzeuge aus:

Er ist international renommierter Experte für Virtuelle Anthropologie und untersuchte das fast komplette rechte und ein zerbrochenes linkes Scheitelbein, sowie einen sehr gut erhaltenen Unterkiefer mit Zähnen, die bei Grabungen in acht Metern Tiefe in Israel aufgetaucht waren.

Evolution: Österreichische Forscher entdecken einen neuen unbekannten Menschentyp

Bei Grabungen in acht Metern Tiefe in Nesher-Ramla in Israel fanden Forscher neben Tierknochen und Steinwerkzeugen...

Evolution: Österreichische Forscher entdecken einen neuen unbekannten Menschentyp

... ein fast komplettes rechtes und ein zerbrochenes linkes Scheitelbein, sowie einen sehr gut erhaltenen Unterkiefer mit Zähnen. 

Merkmale

„Wir wendeten also die Methoden der Virtuellen Anthropologie mit ihren sehr genauen Gestaltanalysen an, fügten immer mehr vorhandene Fossilien hinzu und sahen schnell, dass wir einen sehr speziellen Menschentyp vor uns hatten. Der Gehirnschädel stellte sich als recht archaisch heraus, aber mit Anklängen an Neandertaler. Er war einigen Fossilien ähnlich, die man aus Ostasien kennt, aber bisher nie richtig zuordnen konnte. Der Unterkiefer und die Zähne waren ebenso eine Mischung, aber etwas Neandertaler ähnlicher“, erklärt Weber.

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Die Schädelrekonstruktion

Sensationelle Ergebnisse

Jetzt sind die Ergebnisse der Überlegungen der Forscher im Wissenschaftsmagazin Science publiziert worden: Weber, Cinzia Fornai und Viktoria Krenn von der Universität Wien sowie Forscher der Universität Tel Aviv und der Hebrew-Universität Jerusalem haben nicht mehr und nicht weniger als einen neuen Typus von Frühmenschen identifiziert, der vor 140.000 bis 120.000 Jahren gelebt hat - eine Mischung aus Neandertaler (Zähne und Kiefer) und archaischem Homo (Schädel). Sie nannten ihn Nesher Ramla-Mensch nach dem Fundort in Israel.

Urururururgroßeltern?

Mehr noch: Die Anthropologen denken, dass es sich um die „Quell“-Population handelt, aus der sich die meisten Menschen des mittleren Pleistozäns entwickelt haben - unsere Urururururgroßeltern. Diese sogenannte „fehlende“ Population habe sich  mit dem Homo sapiens gepaart, der vor etwa 200.000 Jahren in dieser Region ankam. Man lebte gemeinsam und teilte mehr als 100.000 Jahre lang Wissen und Werkzeugtechnologien.

Keine Europäer

Eine Prä-Neandertaler-Population stellt natürlich auch die vorherrschende Hypothese, dass die Neandertaler aus Europa stammten, in Frage: Kamen einige der Vorfahren der Neandertaler tatsächlich aus der Levante? „Die Neandertaler sind eindeutig keine rein europäische Erfindung, stellt Weber klar. Damit könnte ein weiteres Rätsel der menschlichen Evolution vor seiner Klärung stehen: Wie konnten Gene des Homo sapiens in die Neandertaler-Population eindringen, obwohl sich diese Gruppen in Europa zu dieser Zeit gar nicht getroffen haben konnten.

Die Anthropologen sind sicher:  Populationen in Europa sowie Asien standen in Verbindung und die Levante spielt eine entscheidende Rolle in diesem Geschehen. Noch ist unklar, ob diese Region sogar die Quelle der ersten Vorläufer von Neandertalern war. Immerhin gibt es ungefähr gleich alte ähnliche Funde in Spanien. Dennoch könnte die Vermischung mit den ersten modernen Menschen, die Afrika verlassen hatten, sehr wahrscheinlich in der Levante stattgefunden haben.

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