And the winner is: Die Natur des Jahres

Siebenschläfer
Baumkraxler, Kannibalen-Spinnen, ungenießbare Pilze, kleine Finken und große Blumen wurden zur „Natur des Jahres 2021“ gekürt.

30 Zentimeter ist er lang - samt Schwanz, hat dichtes, graues Fell, große Augen und kleine Ohren. Der Kletterer ist nachtaktiv, hält zur Zeit eingerollt  mit seinem kuscheligen Schwanz bedeckt Winterschlaf und ist das Tier des Jahres - gekürt vom Naturschutzbund Österreich. Die Rede ist vom Siebenschläfer (Glis glis).

16 verschiedene Arten wurden von Wissenschaftern als Tiere, Pflanzen, Pilze und Ankömmlinge des Jahres 2021 ausgewählt, um so ihre Gefährdung, ihren Einfluss auf andere Arten oder der Verlust von Lebensräumen in das Bewusstsein der Menschen zu rücken. Manchmal geschieht das auch, um Pflanzen und Tiere in den Vordergrund zu stellen, deren Schönheit nur im Detail zu erkennen ist.

Damit erklärt sich auch die Wahl des Siebenschläfers: Sein Lebensraum sind alte Buchen- und Eichenwälder, wo er Höhlen zum Wohnen und Knospen, Blätter, Beeren, Pilze, Eicheln, Bucheckern, Ahornsamen und manchmal Insekten sowie Weichtiere futtert. Gefressen wird er wiederum von Uhus, Waldkauzen, Hermelinen, Baummardern und Katzen. Er hat ein breites Repertoire an Lautäußerungen: Zirpen, Zähne-rattern, surren, quieken, fiepen und pfeifen. Und ist gefährdet, weil sein Lebensraum, nämlich gemischte Laubwälder, oft monotonen Fichtenwäldern weichen mussten und seine Gebiete oft durch Straßen- und Siedlungsbau zerschnitten werden: Bereits 50 Meter gehölzfreie Flächen sind für ihn eine Barriere, die er nicht überquert, sodass die einzelnen Populationen isoliert werden.

Blume des Jahres:

And the winner is: Die Natur des Jahres

Der Große Wiesenknopf ist Blume des Jahres: Mit dem Rosengewächs verschwinden auch zwei Schmetterlingsarten.

Der Große Wiesenknopf, Sanguisorba officinalis wird bis zu 1,2 Meter hoch und seine bis zu vierzig Blüten, die man von Juli bis November sieht, können verschiedene Farben tragen, nämlich rotbraun, purpur, rosa, rot und weiß. Er wächst auf extensiv genutztem Grünland, das aber immer weniger wird, und gilt deswegen als bedroht. Um auf diese Tatsache aufmerksam zu machen, wurde er vom Naturschutzbund Österreich zur Blume des Jahres gekürt. Die klassische Heugewinnung haben die Landwirte auf seinen Standorten oft aufgegeben, weil solche Wiesen schwierig zu bewirtschaften sind und es keinen hohen Ertrag bringt. Sie wurden trockengelegt, werden intensiv beweidet oder man hat sie zu Äckern umgebrochen. Teils wurde die Bewirtschaftung auch ganz aufgegeben, woraufhin Schilf, hohe Stauden und Gehölze statt der hohen Wiesen wachsen. Wenn der Große Wiesenkopf schwindet, haben wiederum zwei Schmetterlingsarten, der Helle und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling keine Pflanze, an der sie ihre Eier ablegen können, damit ihre später schlüpfenden Raupen sich an den Knospen laben.

Fisch des Jahres:

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Die Äsche, Thymallus thymallus, L. steht es nicht gut, so der Österreichische Fischereiverband: „Die Rote Liste der Fische Österreichs aus dem Jahr 2007 führte die Art als gefährdet; und das Risiko, dass in Österreich die Art mittel- bis langfristig aussterben könnte, ist nach wie vor groß“. Daran ist vor allem die Fragmentierung des Lebensraums des aschgrauen Speisefisches, der zur Laichzeit ein auffälliges Kleid anlegt, schuld; weiters die Erwärmung der Gewässer durch den Klimawandel, und dass sie häufig in den Mägen von Wasservögeln landen. „Für die Larven- und Jungfischstadien wirkt sich außerdem der Schwallbetrieb von Wasserkraftwerken verheerend aus“, so der Fischereiverband.

Vogel des Jahres:

And the winner is: Die Natur des Jahres

Birdlife kürte den Girlitz zum Vogel 2021.

Der Girlitz, Serinus serinus, ist ein „kleiner Fink mit großen Problemen“, so die Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich. Der Bestand des samenfressenden Gartenbewohners nahm in den vergangenen 20 Jahren um 80 Prozent ab. Vom Schnabel bis zum Schwanz misst ein Girlitz knapp zwölf Zentimeter, mit ebensowenigen Gramm Gewicht ist er der kleinste heimische Fink.

Männchen sind leuchtend gelb im Gesicht, auf der Kehle und Brust, ihre Oberseite ist grünlich gestreift. Die Weibchen tragen dezentere, bräunlichere Färbung. Die Bodenversiegelung an den Stadträndern, der übertriebene Ordnungssinn in den Gärten und Grünanlagen sowie der Verlust an Brachen nehmen dem Zwerg die Nahrungsgrundlage, er bräuchte dort mehr Wildkräuter, denn er ernährt sich kaum von etwas anderem.

Der Girlitz bewohnt lichte, reich strukturierte Landschaften bis rund 800 Meter Seehöhe und die österreichischen Populationen überwintern im Mittelmeerraum, meist in Italien bis Griechenland.

Spinne des Jahres:

Der Zweihöcker-Spinnenfresser, Ero furcata, ein vampirischer Kannibale wurde von 84 Arachnologen (Spinnenforschern) aus 27 europäischen Ländern unter Leitung des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien zur Spinne des Jahres gewählt. Der bis zu einem halben Zentimeter lange, nicht gefährdete gelb-braun-schwarz gezeichnete Achtbeiner besucht Abends und Nächtens die Netze von anderen Spinnen und zupft dort an den Fäden, damit sie vibrieren, wie wenn sich darin ein Beutetierverfangen hat. Wenn die Netzbesitzerin dadurch angelockt wird, packt er sie, beißt sie ins Bein und saugt sie aus.

Die Wissenschafter rufen dazu auf, diesen „Räuber unter den Räubern mit seiner bemerkenswerten Nahrungsbiologie“ anhand von Fotos der Spinnen und ihrer Kokons zu dokumentieren, und Funde zu melden.

Insekt des Jahres:

Die Dänische Eintagsfliege, Ephemera danica, lebt im geschlechtsreifen Erwachsenenstadium als Fliege zwei bis vier Tage lang, danach frisst sie nichts mehr, hat aber Sex und legt Eier auf der Oberfläche von Gewässern ab. Sie sinken zu Boden und leben dort in mehreren Larvenstadien, die Kiemen haben, sich 20 bis 30 mal häuten und Röhren in der Gewässersohle graben.

Die Art ist nicht gefährdet und manchmal können in einem „synchronisierten Massenschlupf“ hunderte Tiere auftauchen. Kurz vor dem Übergang vom Wasser- zum Landleben bildet sich bei der ausgewachsenen Larve zwischen alter und neuer Haut eine Luftschicht. Dadurch kann sie zur Wasseroberfläche aufsteigen. Sie häutet sich dann gleich ein zweites Mal, was einmalig in der Insektenwelt ist, so das Kuratorium von Insektenkundlern, wissenschaftlicher Gesellschaften und Einrichtungen wie dem Naturschutzbund Österreich, das die Wahl trifft.

Gruppen von Männchen der gut zwei Zentimeter langen Fliegen mit über vier Zentimetern Flügelspannweite schwärmen dann an den Ufern herum, und klammern sich an jedes Weibchen, das vorbeikommt. Sie paaren sich im Flug und kurz darauf legt das Weibchen seine Eier in einem Zickzackflug wieder auf der Wasseroberfläche ab.

Reptil des Jahres:

Die Zauneidechse, Lacerta agilis, wurde von der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie (ÖGH) und der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) im Amt bestätigt, um noch einmal auf ihre „drohende Gefährdung“ hinzuweisen, die im „verlorenen Coronajahr“ nicht genug Fokus bekommen habe.

Im Vergleich zu ihren Verwandten ist sie eher stämmig, hat relativ kurze Beine und einen kräftigen Kopf. Die Männchen sind in der Paarungszeit leuchtend grün, ansonsten braun wie die Weibchen das ganze Jahr über. An der Oberseite haben sie drei weiße Linien und oft dunkle Flecken. Ab Mitte Herbst bis zum Frühling halten Zauneidechsen Winterruhe. Sie liegen gerne in der Sonne und bewohnen Heiden, Magerrasen, Sandgruben, Steinbrüche, Wald- und Straßenränder, Bahntrassen, Weinberge und naturnahe Gärten. Sie sind zwar ein „Kulturfolger“, doch mittlerweile hat der Mensch für sie die Kultivierung der Landschaft zu weit getrieben: Ihre Lebensräume werden oft verbaut, zugeschüttet oder beschattet.

Weichtier des Jahres:

Die WeinbergschneckeHelix pomatia, - weil allseits bekannt ist -  soll als Botschafterin wie schon im Jahr 2020 als Weichtier des Jahres auf die „vielen unbekannte Welt“ ihrer Stammesgenossen aufmerksam machen, so der Naturschutzbund Österreich und die Makologen (Weichtier-Experten) des Hauses der Natur in Salzburg.

Aktuell hat sie sich mit verschlossenem „Winterdeckel“ (Epiphragma) als Schutz vor Fressfeinden und Austrocknung einquartiert, erst wenn die Temperaturen über acht Grad Celsius steigen, wird sie ihn mit dem Fuß aufstoßen, zunächst etwas zu fressen suchen und dann einen Sexualpartner. Zwei solcher Zwitter werden einander dann mit einem „Liebespfeil“ aus Kalk beschießen und einander Spermienpakete übergeben, so der Naturschutzbund. Weinbergschnecken sind mit drei Jahren ausgewachsen und werden gut doppelt so alt. Sie ernähren sich vor allem von welken Pflanzen, weshalb sie Gärtner im Gegensatz zu anderen Schnecken kaum gegen sich aufgebracht haben.

Fledermaus des Jahres:

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Die Mopsfledermaus, Barbastella Barbastellus, wurde von BatLife Europe zur „Fledermausart der Jahre 2020 und 2021“ gewählt. In Österreich lebt sie in allen Bundesländern, weil diese Art aber in den vergangenen Jahrzehnten stark dezimiert wurde, gilt sie in Europa als bedroht. Sie bräuchte mehr Höhlen in alten Baumbeständen und Spaltenquartieren bei Gebäuden. Außerdem wurden die Zahl der Insekten, von denen sie sich ernährt, durch Schädlingsbekämpfungsmittel reduziert. Ihren Namen bekam die mit bis zu 14 Gramm schwere, mittelgroßen Fledermausart übrigens wegen ihrer gedrungenen Nase, die jener der Hunderasse „Mops“ ähnelt.

Moos des Jahres:

Das Sparrige Kranzmoos, Rhytidiadelphus squarrosus, ist Moos des Jahres. Es wächst am besten auf häufig geschnittenen Rasenflächen und kann bei zu kurzem Schnitt und regelmäßiger Bewässerung die Oberhand über die Gräser gewinnen und Moosrasen bilden. Dies macht die Art zu einem ungeliebten Rasenunkraut. Die Naturschützer raten, keinen Privatkrieg gegen diese „im Mikroskop wunderschönen Pflanzen“ zu beginnen, sondern einfach weniger zu mähen und zu gießen, damit Kräuter und Gräser auch eine Chance haben, zu wachsen.

Flechte des Jahres:

Die Gewöhnliche Mauerflechte, Lecanora muralis, lebt nicht nur auf Kieseln und Felsen, sondern sehr gerne auch auf Mauern, Zaunpfosten, Dachziegeln, Pflastersteinen und Asphalt, weshalb man die in grünlich weißen Rosetten wachsende Flechte eben „Gewöhnliche Mauerflechte" nennt. Sie ist nicht gefährdet, im Gegenteil, die Menschen bauen ihr quasi immer mehr Lebensraum. Sowohl das Moos als auch die Flechte des Jahres verdanken ihren Titel dem Naturschutzbund Österreich und der Bryologisch-lichenologischen Arbeitsgemeinschaft für Mitteleuropa.

Pilz des Jahres:

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Mykologen wählten den Halsband-Ritterling zum Pilz 2021.

 

Der Halsband-Ritterling, Tricholoma focale, ist laut der Österreichischen Mykologischen Gesellschaft Pilz des Jahres, um darauf aufmerksam zu machen, dass er vom Aussterben bedroht ist. Sein bis zu 15 Zentimeter breiter Hut ist orangebraun bis kupferrot, der Stiel bis zu acht Zentimeter lang und halb so dick. Er schmecke mild „mehlig-gurkig“, sollte aber nicht verzehrt werden, weil er Magenprobleme verursacht.

Ob seiner Seltenheit sei er ohnehin zu schonen. Er braucht naturbelassene, trocken sandige Föhrenwälder, diese wurden aber in von der Forstwirtschaft gerne durch ertragreichere Fichten dezimiert, kritisieren die Pilzforscher. Deswegen kommt er in Österreich nur an wenigen Standorten in Niederösterreich und Kärnten vor, eventuell auch noch in Tirol und der Steiermark.

Nutztiere des Jahres:

Die Deutsche Pute und das Krainer Steinschaf: Weil eine „anspruchslose Freilandpute“ namens „Deutsche Pute“ mit ihrem „großem gewichtigen Format“ und das zutrauliche, stresstolerante und widerstandsfähige, aber so wie die Pute gefährdete „Krainer Steinschaf“ wurden von ARCHE Austria zu den Nutztierrassen 2021 gekürt.

Streuobstsorte des Jahres:

Die „Achatzlbirne“, die zwar hie und da im Lavanttal in Kärnten, aber bis dato nicht via Google zu finden ist, darf sich gemäß ARGE Streuobst „Streuobstsorte des Jahres“ titulieren.

Ankömmling des Jahres:

Der Asiatische Harlekin-Marienkäfer: Vor allem im Herbst, wenn die Asiatischen Harlekin-Marienkäfer (Harmonia axyridis) sich ein Winterquartier suchen, kann man sich einen Eindruck verschaffen, wie viele es sind: Dann treten sie nämlich oft in riesiger Menge auf. Sie wurden in den 1980er Jahren aus ihrer Heimat Japan und China nach Europa und Nordamerika geholt, weil sie gut fünf Mal mehr Blattläuse vertilgen als die heimischen Marienkäfer.

Die Harlekin-Marienkäfer haben auch bis zu vier mal im Jahr Nachwuchs, während die ursprünglich in Europa beheimateten Arten sich nur einmal jährlich vermehren. An vielen Orten in Österreich gibt es deshalb fast nur mehr die Asiatischen Harlekins. Sie treten in drei Kostümen auf: Erstens senfgelb, orangefarben oder rot entweder punktlos oder mit bis zu 21 schwarzen Punkten. Zweitens Schwarz mit zwei orangeroten Punkten. Drittens schwarz mit vier orangeroten Punkten. Der Naturschutzbund Österreich hat diese Marienkäfer zum „Neutier“ (Neozoon) des Jahres ernannt, um auf den Einfluss eingeschleppter Arten auf die heimische Artenvielfalt aufmerksam zu machen.

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