Altersmedizin: Mit hochsensiblen Sensoren das Leben verlängern

Digitalisierung in der Altersmedizin: Sterberate bei älteren Menschen ließe sich um bis zu 30 Prozent senken, sagen Fachleute.
Mithilfe der Digitalisierung und modernster Technik lassen sich Sterberaten bei älteren Menschen senken.

Vieles, was den Einsatz modernster, digitaler Technologien in der Medizin betrifft, ist noch unklar. Für Clemens Becker von der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) steht aber schon jetzt fest: "Mit digitalen Anwendungen können wir die Lebensqualität hochaltriger Menschen deutlich verbessern." 

Digitale Helfer im Alter: Da denken viele an Schrittmesser und diverse Apps. Damit sei es nicht getan, ist Becker überzeugt: "Messgeräte mit hochsensiblen Sensoren in geriatrischen Kliniken sind wesentlich genauer."

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Gehtempo und Schrittlänge vermessen

Mit ihrer Hilfe können die aus seiner Sicht vier wichtigsten Aspekte der Mobilität noch besser vermessen und ausgewertet werden: das Gehtempo im Außenbereich, die Schrittlänge, die tägliche Gehstrecke und die möglichst lange Gehstrecke ohne anzuhalten. "Wenn wir das Gehvolumen im ambulanten und stationären Bereich genau auswerten, dann können wir älteren Menschen präventiv und den Patienten viel individuellere Empfehlungen geben", wird Becker in einer aktuellen Aussendung der DGG zitiert.

Dabei würden schon leichte Anpassungen einen großen Effekt ausmachen: "Wer seine täglich absolvierten Schritte von 4.000 auf 6.000 steigert, profitiert von einer besseren Kondition, mehr Lebensqualität und einer gestärkten Resilienz." Mit diesem Vorgehen ließe sich laut Becker die Mortalitätsrate von Menschen ab dem 70. Lebensjahr im Verlauf weniger Jahre um bis zu 30 Prozent senken.

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Fachpersonal beim Einschätzen stützen

Die digitalen Assistenten sollten auch bei der Beurteilung der Mobilität und des Sturzrisikos älterer Patientinnen und Patienten zum Einsatz kommen und begutachtende Medizinerinnen und Mediziner unterstützen. Als Beispiel nennt Becken den sogenannten "Up-and-Go"-Test, bei dem Fachpersonal bislang mit bloßem Auge beobachtet, wie sich ältere Patientinnen und Patienten beim Aufstehen, Hinsetzen und Gehen verhalten. "Was das menschliche Auge kaum erkennt, wohl aber technische Sensoren: die Kräfte, die beim Be- und Entschleunigen oder bei einer Richtungsänderung während des Gehens wirken. Und es wird erkannt, wie die aktivierten Körperbereiche genau zusammenwirken", so Becker.

Die so gesammelten Daten lassen ein mehrdimensionales Bild entstehen: "Dieses Gesamtbild ist viel wichtiger als die bisherige Bewertung von Einzelaspekten, wie zum Beispiel das Gehtempo."

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Mehr Daten, weniger Medikamente

Bislang seien im geriatrischen Assessment keine digitalen Aspekte vorgesehen. "Es sind noch zwei parallele Welten, das muss sich nun schnellstmöglich ändern. Die technischen Möglichkeiten sind mittlerweile vorhanden", sagt Becker. "In den vergangenen drei Jahren haben wir durch verschiedene Untersuchungen herausgefunden, dass die körperliche Aktivität von älteren Menschen entscheidend ist für die kognitive, physische und emotionale Gesundheit."

Becker ruft dazu auf, dass in Zukunft digital erfasste Werte der körperlichen Aktivität genauso regelmäßig und selbstverständlich erfasst werden sollten wie Blut-, Nieren- oder Herzfunktionswerte. "Diese neue Art des geriatrischen Assessments und daraus resultierenden Maßnahmen können wirksamer sein als so manches Medikament", ergänzt Becker.

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