Digitale Bildung: Warum Kinder Technologien erst verstehen müssen

Die Zahlen zeigen klar, dass Österreichs Kinder und Jugendliche täglich mit digitalen Technologien umgehen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2024 besitzen 58 Prozent der Fünf- bis Achtjährigen ein eigenes Smartphone oder Tablet, bei den Neun- bis Zwölfjährigen sind es schon 81 Prozent. Ihre Lebensrealität ist also eng mit den modernen Technologien verknüpft. Umso wichtiger ist es, Kindern und Jugendlichen eine digitale Kernkompetenz zu vermitteln. „Ob an den Schulen digitale Bildung angeboten wird oder nicht, hat keinen Einfluss darauf, ob die Kinder und Jugendlichen moderne Technologien nutzen – das tun sie sowieso“, betont Univ.-Prof. Fares Kayali, Leiter des Zentrums für Lehrer*innenbildung an der Universität Wien. „Es geht darum, ihnen dabei zu helfen, digitale Technologien und Services zu verstehen und sinnvoll einzusetzen.“
Rahmenbedingungen schaffen
Damit die Schule dieser Aufgabe gerecht werden kann, muss an vielen Schrauben gedreht werden. Eine davon wird bei der EU-Kommission gerade nachjustiert. „Da erarbeiten wir aktuell Richtlinien, welche Kriterien gute digitale Bildungsinhalte erfüllen müssen“, so Kayali. „Solche Richtlinien sind wichtig, damit engagierte Lehrer*innen wissen, was sie bei dem, was sie tun, noch verbessern können.“
In der Aus- und Weiterbildung für Lehrende finden sich bereits viele Angebote zur Digitalisierung. „Es sollten sich allerdings nicht nur Informatiklehrer*innen für das Thema zuständig fühlen“, so der Wissenschafter. „Eine interdisziplinäre Einbettung wäre gerade bei diesem Thema wünschenswert.“

Univ.-Prof. Fares Kayali, Leiter des Zentrum für Lehrer*innenbildung an der Universität Wien
Vorhandene Hürden
Gerade Künstliche Intelligenz bietet sich an, in verschiedenen Fächern Niederschlag zu finden. „Sprachmodelle wie ChatGPT können in den Englischunterricht einfließen, Machine Learning, das ja auf Statistik fußt, in den Mathematikunterricht“, gibt Kayali zwei Beispiele. „Digitale Bildung hat viele Anknüpfungspunkte und sollte nicht an einzelne Lehrer*innen ausgelagert werden.“ Doch genau da sieht der Experte momentan einen Knackpunkt. „So wie die Schule in Österreich strukturiert ist, fehlt die Flexibilität für fächerübergreifenden Unterricht, da nachvollziehbare Leistung gefordert wird“, so Kayali. „Es wird ein gewisser Druck auf die Lehrer*innen ausgeübt, sodass sie sich solchen emergenten Themen nicht widmen können.“ Wichtig ist dem Experten auch, dass die digitale Kluft nicht verstärkt wird. „Wir brauchen gute technische Lösungen, die sicher sind, und inhaltlich so aufbereitet sind, damit die Lehrer*innen mit ihnen arbeiten können“, betont Fares Kayali. „Aber digitale Bildung darf keinesfalls genutzt werden, um sozial Schwächere noch mehr abzuhängen. “ Um dies zu verhindern, benötige es auch finanzielle Töpfe für Infrastruktur. „Entscheidend wird auch sein, dass man an der digitalen Bildung dranbleibt“, gibt der Professor noch zu bedenken. „Immerhin handelt es sich um ein fluides Thema, das ständigen Weiterentwicklungen unterworfen ist.“

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