Social Media als Lesemotor für Jugendliche

Immer wieder geistert der Aufschrei durch die Medien, dass Kinder und Jugendliche nicht mehr lesen. Der Schuldige ist rasch gefunden: die modernen Kommunikationstechnologien. „Ich teile diesen Kulturpessimismus nicht ganz“, sagt dazu Univ.-Prof. Susanne Reichl vom Institut für Anglistik und Amerikanistik der Universität Wien. „Zwar stellen Social Media und Gaming eine große Konkurrenz dar, aber in aktuellen Jugendmedienstudien gibt die Hälfte der 12- bis 18-Jährigen an, dass sie gerne oder sehr gerne Bücher lesen.“
Neue Lesewelten
Im Zuge ihrer Tätigkeit bei der Forschungsplattform #YouthMediaLife entdeckte Susanne Reichl ein interessantes Phänomen. „In sozialen Netzwerken findet viel Kommunikation über Bücher statt“, erzählt sie. „Es sind keine ernsthaften Kritiken, sondern emotionale Reaktionen der Jugendlichen auf Bücher.“ Auf Instagram und TikTok posten junge Leser*innen Videos, in denen sie ihre Gefühle nach der Lektüre anderen mitteilen. „Dabei verwenden sie durchaus drastische Formulierungen wie ,This book killed me’“, sagt Reichl. „Aber diese Emotionen scheinen der Grund zu sein, warum es auf Social Media zu einem Diskurs über das Lesen kommt.“ So bilden sich in den sozialen Netzwerken Fan-Communities, die sich über Bücher austauschen und gegenseitig zum Lesen anregen – worauf der Handel bereits reagiert. „Auf Amazon gibt es Buttons, auf denen steht TikTok made me buy this book“, so die Wissenschafterin. „Lehrer*innen könnten soziale Netzwerke zur Leseförderung einsetzen, indem sie Schüler*innen ermutigen, Kritiken hochzuladen.“ Allerdings umfasst der Buch-Hype auf TikTok oder Instagram vorrangig ein Genre, nämlich Young Adult Fantasy. „Zum klassischen Kanon wird man auf Social Media nichts finden“, sagt Reichl. „Aber lesen ist lesen – und es ist vielleicht ein Einstieg in die Literatur.“
Über #Youth-MediaLife
An der Universität Wien werden es 187 Studiengänge angeboten. Um die Vernetzung der Wissenschafter*innen verschiedener Fakultäten zu fördern, werden Forschungsplattformen ausgeschrieben. Bei #YouthMediaLife arbeiten Anglizist*innen, Publizist*innen, Psycholog*innen, Soziolog*innen, Philosoph*innen, Germanist*innen sowie Informatiker*innen unter der Leitung von Susanne Reichl und Ute Smit daran, die Medienwelten Jugendlicher besser zu verstehen. Mehr dazu hier.

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