Was die Dinos wirklich sterben ließ
Mexiko vor 65 Millionen Jahren: Ein riesiger Meteorit rast auf die Erde zu. Mit 72.000 km/h schlägt er dort ein, wo heute Touristen plantschen. Zurück bleibt nicht nur ein etwa 200 Kilometer großen Krater, sondern auch eine gewaltige Naturkatastrophe. Nur 30 Prozent aller damals auf der Erde heimischen Tier- und Pflanzenarten sollten den großen Bumms überleben. Das Ende der Kreidezeit war auch das Ende der Dinosaurier. Soweit so bekannt.
Japanische Wissenschaftler gehen jetzt davon aus, dass der Meteorit ein großes Ölreservoir traf – mit fatalen Folgen. Durch die Wucht des Aufpralls verbrannte Öl bei hohen Temperaturen, der Ruß, der dabei entstand, wurde in die Stratosphäre geschleudert, von wo aus er sich weltweit verbreitete.
"Sehr plausibel"
Die Forscher um Kunio Kaiho von der Tohoku University in Sendai/Japan untermauern ihre Theorie mit Bodenproben und Klimamodellen. Sie errechneten drei mögliche Abläufe für Temperatur, Niederschlag, Sonneneinstrahlung und Bodenfeuchtigkeit abhängig von der Menge entstandenen Rußes – 500 Millionen Tonnen, 1,5 Milliarden Tonnen oder 2,6 Milliarden Tonnen. Ihr Fazit: Im ersten Fall hätten die Dinosaurier überlebt, im letzten Fall wären Krokodile und viele andere überlebende Tierarten ebenfalls ausgestorben. 1,5 Milliarden Tonnen Ruß in der Atmosphäre sei also die realistischste Annahme. Kollegen aus Deutschland und Österreich halten sie für "sehr plausibel".
Tatsächlich entstand der Chicxulub-Meteoritenkrater auf der mexikanischen Halbinsel Yukatan vor etwa 65 Millionen Jahren – zeitgleich mit dem Massensterben. Nahe der Einschlagstelle existieren noch heute größere Ölvorkommen. "Es ist seit dem Jahr 2000 bekannt, dass es um den Krater Öl gab und sich dort auch Öl neu gesammelt hat", sagt der Geologe Christian Köberl. Der Direktor des Naturhistorischen Museums Wien erzählt, dass sich eine Ruß-Schicht über die ganze Welt ziehe. Seit den 1990er-Jahren gebe es ebenso globale Anzeichen für Verbrennung. "Ich vermute, dass die japanischen Forscher die konkreten Kohlenwasserstoffe auf ihre Zusammensetzung untersucht und Marker gefunden haben, die aus dem Öl stammen."
Es kühlte deutlich ab
Der rußverhangene Himmel habe die Temperatur um sechs bis acht Grad gesenkt, und es gab erheblich weniger Niederschläge. Das allein könnte schon zum großen Artensterben geführt haben, schreibt Kunio Kaiho im Fachmagazin Scientific Reports. Der deutsche Saurier-Experte Bernd Herkner ist Leiter des Senckenberg-Museums in Frankfurt und lobt die Studie der Japaner: "Es gehört zu dem Besten, was ich über dieses Thema gelesen habe". Und Köberl ergänzt: "Die Ergebnisse sind ein weiterer Hinweis dafür, dass die Umweltbedingungen nach dem Meteoriteneinschlag infernalisch waren."
Die bisher geläufigste Hypothese über das Aussterben der Dinos besagt, dass der Meteorit, als er auf der Erde einschlug, riesige Mengen an Schwefelsäure in die höhere Atmosphäre brachte. Über den ganzen Erdball verteilt, reflektierte sie als Schwebteilchen in der Stratosphäre das Sonnenlicht und sorgten damit für eine globale Finsternis. Die Folge: Pflanzen starben ab, weil die auf Sonnenlicht angewiesene Fotosynthese zum Erliegen kam, es gab einen weltweiten Winter und sauren Regen. Die aktuellen Erkenntnisse rücken die Theorie in ein neues Licht.
Die andere These – dass ein Vulkanausbruch den Himmel verdunkelte und somit das Überleben der Tiere unmöglich machte – sei längst vom Tisch. Geologe Köberl: "95 Prozent der Wissenschaftler bringen das Aussterben der Dinosaurier mit dem Impact in Mexiko in Zusammenhang."
Der Meteoriteneinschlag kostete vermutlich auch „Gualicho Shinyae“ das Leben. Der etwa sechs bis acht Meter große, 450 Kilo schwere Dinosaurier hatte kurze Arme mit nur zwei Fingern und lief vor etwa 90 Millionen Jahren auf zwei Beinen durch das heutige Argentinien.
Forscher haben nun seine versteinerten Überreste analysiert. „Wir dachten, wir hätten einen Dinosaurier aus einer bekannten Gattung gefunden. Stattdessen sind wir auf eine Linie gestoßen, die wir bisher nicht kannten“, sagt Sebastian Apesteguia.
Der Paläontologe geht davon aus, dass es sich bei dem Fund um den kleinen Verwandten von Tyrannosaurus Rex handelt.
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