Von nun an geht’s bergab
Zu Beginn der Fastenzeit sagen wir uns von allem los, was uns beschwert. Von seelischem Ballast, aber auch von überflüssigen Kilos. Das klappt so recht und schlecht, wie die beiden Selbsttests zum Serienauftakt zeigen.
Test 1: Ludwig-Diät: "Die Null-Tage waren keine Kinderjause, trotzdem Danke"
Herr Bernhard Ludwig, Sie sind mir nicht mehr wurscht. Ihre Diät ist watscheneinfach, sie fußt auf der Formel „Heute ess ich (1er-Tag), morgen fast ich (0er-Tag)“. Trotzdem schlägt sie bei mir nicht an. Ihr Tipp für Fastentage: „Keine Panik, Sie müssen keine Angst vor Hunger haben“, löst bei mir das Gegenteil aus. Ihr Rat, mich mit Spazierengehen, laufen und Sex abzulenken, lässt sich nicht so ohne Weiteres in einen langen Arbeitstag integrieren.
So verging ein Monat hin- und hergerissen zwischen dem, was ich unter normal essen , und dem was ich unter nichts essen verstehe. Heute weiß ich: „Nichts“ kann ein erstaunlich dehnbarer Begriff sein. Das Ergebnis fällt trotzdem mager aus. Dünn an mir ist nur das Lächeln beim Eingeständnis des Versagens.
12.1. 2013: 91, 1 Kilo.
12.2. 2012: 90,6 Kilo.
Da ich Menschen kenne, die nach Ludwig zehn Kilo verloren haben, liegt es an mir. Wo das Büchlein ganz oben auf der Ratgeber-Bestseller-Liste firmiert. Mein erster Fehler: Ich habe mir keinen Urlaub genommen, um ausreichend zu ruhen. Fasten geht in Wahrheit nur im Schlaf. Mein zweiter Fehler: Ich mag mich. Wenn die Hose spannt, weiß ich, dass es an der Zeit wäre, mit dem Striezelfuttern aufzuhören. Aber mein seelisches Gleichgewicht ist mir wichtiger als der Schandfleck oberhalb der Gürtellinie. Wie schreiben Sie so schön: „Hören Sie in sich hinein und vertrauen Sie darauf, was Ihr Körper sagt.“ Meine Vermehrung, Herr Ludwig.
Test 2: 33 Methoden: "Keine Diät gemacht, folglich auch nichts abgenommen"
Der niederländische Lebensberater Ronald Pierre Schweppe zählt in seinem neuen Buch 33 Methoden zum „Achtsam abnehmen“ auf. Die mögen ihm, seinem Verlag und auch anderen geholfen haben. Mir haben sie zu 100 % nichts gebracht. Das kann leider auch die Waage bezeugen.
12. 1. 2013: 78,1 Kilo.
12. 2. 2013: 78,1 Kilo.
„Nicht die Kalorien sind schuld, wenn wir zu viel wiegen, sondern unsere Geisteshaltung“, hält Schweppe fest. Klingt gut. Und: „Machen Sie keine Diäten mehr. Wenn überhaupt, dann bringen Diäten nur sehr kurzfristig Erfolg.“ Klingt noch besser.
Wenn man es so liest.
Doch schon Methode Nr. 1 ist ein Verhau. Wie angeraten wird, habe ich jede Mahlzeit genau begutachtet, gerochen, langsam verzehrt. Und, ich gebe es hiermit zu: Ich habe mit meinem Essen in Momenten, in denen ich mich unbeobachtet fühlte, sogar gesprochen. Und was hat’s gebracht? Es hat mir besser geschmeckt als je zuvor. Und warum sollte man genau dann weniger essen?
Irgendwo steht auch geschrieben, dass das gemeinsame Essen mit Kollegen in der Kantine dick macht, weil man da zu sehr in der Arbeit drinnen steckt und gar nicht mitbekommt, was man zu sich nimmt. Doch was, bitte, ist die Alternative? Nicht mit den Kollegen essen? Für die Diät Urlaub nehmen? Ganz ehrlich: Die 33 Methoden könnten schon was bringen, aber nur, wenn es einem gelingt, das Getöse des Alltags auszublenden. Doch wem gelingt das heute noch?
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