Versicherungsboss für Fitness-Bonus

Man kann darüber streiten, ob mehr Amerikaner einen Hometrainer zu Hause stehen haben sollten (die entsprechende Verwendung wäre wohl auch noch hilfreich). Allein, sie würden nicht verstehen, was wir damit meinen. Auch wenn der Begriff absolut logisch zusammengesetzt erscheint, im Englischen spricht man nur vom "Exercise Bicycle". Der Hometrainer ist eine rein deutsche Erfindung.
Wer gegen Krankheit vorsorgt, erhält in der SVA schon jetzt einen Kosten-Nachlass. Das Beispiel könnte Schule machen.

Stellen Sie sich vor, Ihre Krankenkasse zahlt nicht nur alle Rechnungen für Arzt, Spital und Medikamente, nein, sie belohnt Sie finanziell zusätzlich, wenn Sie sich aktiv um Ihre Gesundheit kümmern. Klingt seltsam? Ist es nicht.

In der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (SVA) gibt es das seit Jahresbeginn: Wer mit dem Arzt Ziele für einen gesunden Lebensstil vereinbart (z. B. Gewichtsabnahme), wird mit der Halbierung des Selbstbehaltes (zehn statt 20 Prozent) belohnt. Das Modell ist erfolgreich – in manchen Bundesländern gehen doppelt so viele Versicherte zum Vorsorge-Check wie 2011. Und es ist ungeahnt aktuell: Laut dem vor wenigen Tagen vom Gesundheitsministerium präsentierten Ernährungsbericht 2012 sind bereits 40 Prozent der Er­wachsenen übergewichtig (mehr dazu lesen Sie hier).

Nicht zuletzt deshalb stellt sich die Frage: Könnte das, was bei 700.000 SVA-Versicherten funktioniert, nicht auch in den Gebietskrankenkassen klappen?

"Natürlich könnte die SVA-Idee auf die mehr als sechs Millionen Versicherten der Gebietskrankenkassen übertragen werden", antwortet Peter McDonald, stellvertretender SVA-Obmann, dem KURIER.

Schon heute nehme etwa Wiens Gebietskrankenkasse absolut mehr durch Selbstbehalte (Heilmittelbehelfe, etc.) ein als die SVA. "Man könnte als Anreiz den Selbstbehalt auf Rezepte (derzeit 5,15 Euro) halbieren", sagt der Oberösterreicher mit irischen Wurzeln. Die Versicherten der Gebietskrankenkassen würden doppelt profitieren – "durch mehr Wohlbefinden und finanziell". Zudem wäre die Maßnahme laut McDonald sozial ausgewogen. Chronisch Kranke wären nicht benachteiligt, weil für sie die Rezeptgebühr ohnehin gedeckelt ist oder sie ganz von ihr befreit sind.

Präventionsschub

Grundsätzlich, glaubt McDonald, würde ein Anreiz-System den "dringend nötigen Paradigmenwechsel" einläuten: "Von jedem Euro, den wir im Gesundheitssystem ausgeben, fließen nur zwei Cent in die Prävention. Das ist zu wenig, zumal die Aufgabe des Systems ja nicht nur in der Reparaturmedizin, sondern jedenfalls auch in der Prävention bestehen muss."

Faktum ist: Trotz hoher Investitionen sind die Österreicher deutlich ungesünder als andere Europäer. Laut OECD beträgt die Lebenserwartung hierzulande zwar 80,4 Jahre.

Im Schnitt verleben die Österreicher davon aber nur 59,4 Jahre beschwerdefrei – um 1,3 Jahre weniger als im EU-Vergleich. "Wäre ich ein Schwede, würde ich nur 12 Jahre durch Krankheit verlieren. In Österreich sind es 21", sagt der SVA-Experte.

Die Kosten für eine System-Umstellung wären überschaubar. McDonald: "Für eine Gebietskrankenkasse wären im ersten Jahr je nach Größe zwischen 1,5 und 3,5 Millionen Euro an Investitionen notwendig."

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