Trennungen: Wenn die Liebe tödlich endet

Trennungen: Wenn die Liebe tödlich endet
Scheiden tut weh - manchen so sehr, dass sie gewalttätig werden. Die Kränkung ist dabei größer als der Trennungsschmerz.

Es ist aus. Endgültig. Gleich zwei Männer waren vergangenes Wochenende mit der Trennung von ihrer Frau so überfordert, dass sie bis zum Äußersten gingen und die Partnerin ermordeten - danach nahmen sie sich das Leben. Der KURIER berichtete. Erst gestern ging eine Tirolerin im Streit mit einem Küchenmesser auf ihren Lebensgefährten los.

Was treibt Menschen so weit, dass sie zu Mördern ihres Lebenspartners werden? "Es ist ein Irrtum, dass so jemand den anderen lieber umbringt als ihn herzugeben", sagt dazu die Psychoanalytikerin Univ.-Prof. Rotraud Perner. Tatsächlich habe das viel mehr mit Kränkung und Selbstwert zu tun.

"Eine Beziehung, die über lange Zeit gewoben wurde, muss auch entflochten werden - das dauert." Ein plötzlicher Schnitt sei für viele so unerträglich, dass er sie zerreißt. "Dann geht es darum - tu ich mir selber weh oder dem anderen?" Die meisten würden sich Schmerz zufügen - sie betrinken sich, werden depressiv oder lassen sich die Haare radikal kurz schneiden. "Man ist wütend. Diese Aggression sollte man nutzen, um sich zu organisieren. Manche arbeiten die Wut beim Sport ab, andere lassen es bei der Frau oder der Familie aus." Richten sich die Aggressionen gegen andere, sind laut Perner meist Beschimpfungen und Kränkungen im Rahmen der Trennung der Hauptauslöser.

Selbstwert

Trennungen: Wenn die Liebe tödlich endet

"Wenn es dann zu einer solchen Tat kommt, spielen meist auch andere Faktoren eine ergänzende Rolle", meint dazu Claudius Stein, Leiter des
Kriseninterventionszentrums. "Häufig hatten diese Menschen schon vorher gravierende Probleme mit Aggression oder dem Selbstwert - oder sie haben erlebt, dass Gewalt oder Drohungen in einer solchen Situation helfen. Wenn jemand kein Vorbild hat, wie er mit einer solchen Verlustsituation adäquat umgeht, kann die Kränkung so tief sein, dass das eigene und das Leben des anderen infrage gestellt wird." Dabei handelt es sich laut Stein nicht immer nur um Kurzschlussreaktionen: "Wie bei Suiziden gibt es impulsive Handlungen, bei denen Menschen etwas tun, was sie nicht vor hatten. Bei vielen gibt es allerdings zuvor eine Planung und Hinweise." Diese können sich unterschiedlich direkt oder indirekt äußern - von einem "Ich weiß nicht, was passiert, wenn du mich verlässt" bis zu "Wenn du nicht zurückkommst, tu ich dir was an". Jegliche Form von Drohung sollte immer ernst genommen werden.

"Beziehungen haben oft eine Dynamik, die sich zuspitzt - von Aggression gegenüber Gegenständen über verbale bis zu körperlicher Gewalt." Hier sei es wichtig, möglichst früh Hilfe zu holen. "Es ist sinnvoll, Grenzen zu setzen und nicht eine verschwommene Situation hinzunehmen."

Als gutes rechtliches Instrumentarium lobt dabei die Scheidungsanwältin Helene Klaar das Gewaltschutzgesetz. "Es ist ein wesentlicher Fortschritt gegenüber der früheren Rechtslage. Gegen die ungebremste kriminelle Energie hilft wohl kein Gesetz. Aber es ist besser, es wird ein Unschuldiger zu oft weggewiesen als ein gefährlicher Gewalttäter zu wenig."

BUCHTIPP: "Kaktusmenschen: Zum Umgang mit verletzenden Verhaltensweisen" von Rotraud Perner. Orac Verlag, 22 €.

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