Damit erfüllen die Affen alle Kriterien, um wissenschaftlich als Tänzerinnen durchzugehen. Unter Säugern sind sie mit diesem Verhalten nahezu allein auf weiter Flur. In anderen Tiergruppen gibt es mehr Konkurrenz, weiß Andreas Wanninger von der Universität Wien.
Gibbons bewegen sich gleichförmig und nicht zufällig
„Die Richtung der Zuckungen der Gibbons ist nicht zufällig, sie sind stattdessen in Gruppen gleichförmiger Bewegungen organisiert“, sagt Caspar. Im Freiland laden die Choreografien meist zur Kopulation ein, es geht aber auch um nicht-sexuelle Erregung oder Frustration. In Zoos richten sie sich oft an Menschen.
„Wir sehen Ähnlichkeiten zwischen Schopfgibbon- und menschlichen Tänzen. Da aber keine anderen Menschenaffen ein solches Verhalten zeigen, haben sich beide wohl unabhängig voneinander entwickelt“, vermutet Caspar.
Bei Schimpansen etwa, die beim Stampfen zu Musik beschrieben wurden, ortet der Wissenschaftler viel mehr eine „Übersprunghandlung durch Stress“ als ein Tänzchen mit Hintergedanke. Selbst die begnadeten Gibbons, die zudem hoch entwickelt singen, reagierten nicht auf Musik.
„Bei Tieren kann das choreografische Verhalten angeboren oder erlernt sein. Sie tanzen aus unterschiedlichen Gründen“, sagt Wanninger vom Department für Evolutionsbiologie und schwenkt zum exotischen Federvieh. Vor allem Paradiesvogel-Männchen legen sich bei der Brautwerbung tänzelnd ins Zeug. Auch heimische Auerhähne balzen auf diese Weise.
Zu Bekanntheit – zunächst als Youtube-Star – brachte es der Gelbhaubenkakadu Snowball. Biologen der Universität San Diego in Kalifornien fanden später heraus, dass der Papagei stets Takt hielt – ob zu „Another One Bites the Dust“ von Queen oder zu „Girls Just Wanna Have Fun“ von Cyndi Lauper. Er ließ den Kopf kreisen, steppte zur Seite, kombinierte Kopf- und Fußeinsatz und war dabei kreativ. Das Resümee 2019 im Fachmagazin Cell Press: Vögel sind die einzigen Tiere, die Bewegungen auf Musik abstimmen können.
„Winkerfrösche schlagen mit den Beinen aus, um ihr Revier zu verteidigen“, zählt Wanninger einen anderen Grund für Schritte abseits der Fortbewegung auf. Da in deren Heimat Wasserfälle rauschen, konnten die Amphibien ihre Gebietsansprüche nicht durch Quaken kundtun. Sie kickten Feinde mit den Füßen weg, bis schließlich nur noch die Tanzeinlage nötig war, um sich mitzuteilen.
„Honigbienen zeigen den Artgenossinnen im Stock durch Rund- und Schwänzeltänze an, wo sie Futter finden“, bringt Wanninger ein weiteres Beispiel. Ausdruckstanz als Kommunikationsmittel.
Zuletzt verweist der Evolutionsbiologe auf die Spanische Tänzerin: „Die Nacktschnecke im roten Flamenco-Kleid, die in Korallenriffs lebt, trägt zwar den Tanz im Namen. Das Muskelspiel beim Schwimmen hat aber nichts mit Choreografie zu tun.“
Auch Kai Robert Caspar bleibt vorsichtig: „In der Alltagssprache wird das Wort ,Tanz‘ unterschiedlich verwendet. Im Tierreich ist einiges anekdotisch beschrieben. Fachlich muss noch vieles abgesichert werden.“
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