Tiercoach: Artfremd und trotzdem befreundet

Tiercoach: Artfremd und trotzdem befreundet
Ungleiche Paare. Beziehungen zwischen Haustieren sind oft mehr als eine Zweckgemeinschaft

Die digitale Welt ist voll von Hunden, die Katzen umarmen, von Katzen, die mit Vögeln kuscheln, von Kaninchen, die sich an Meerschweinchen schmiegen, von Hamstern, die mit Hunde knuddeln: Freundschaften zwischen artfremden Tieren rühren besonders ans Herz.

„Im geschützten Bereich gibt es nichts, was es nicht gibt. In Gefangenschaft gehen mitunter Fressfeinde Freundschaften ein. Selbst in der Natur kommen ungewöhnliche Paare vor“, sagt Zoodoc Katharina Reitl. Der KURIER-Tiercoach erklärt, warum diese Beziehungen möglich sind und wo sie auf Grenzen stoßen.

Haustiere, die sozial aufwachsen, sind empathisch. Sie schätzen die Nähe zu andern Lebewesen und zeigen Gefühle. Vor allem gegenüber hilflosen Jungen. Die Wissenschaft nennt das „instinktive Anteilnahme“. „Je jünger die Tiere sind, desto besser ist die Aussicht auf erfolgreiche Vergesellschaftung“, sagt denn auch Reitl. Der Beschützerinstinkt ist schnell geweckt. Darüber hinaus hilft die Beobachtungsgabe: „So wie Tiere lernen, die Menschensprache zu verstehen, lernen sie auch, die Sprache des anderen Tieres zu deuten“, sagt die Veterinärmedizinerin aus der Ordination Tiergarten Schönbrunn. Vor allem Vögel und Hunde sind empathisch.

Körperkontakt

Tatsächlich können Körperkontakt, das gemeinsame Spiel, das Geben und Nehmen mehr als eine Zweckgemeinschaft sein; mehr als ein Dulden ohne innige Verbundenheit. „Es gibt Vierbeiner, die lange nach dem Freund suchen, wenn das Tier stirbt“, weiß Katharina Reitl aus der Praxis.

Trotzdem bremst der Zoodoc allzu hohe Erwartungen. Manche Freundschaften währen nur kurz. Ob Reptilien überhaupt zu „wahrer Liebe“ fähig sind, bleibt fraglich. Auch Einzelgänger von Natur tun sich meist schwer mit engen Bindungen. Nicht zuletzt können Missverständnisse in der Zweisamkeit bedrohlich werden. „Ein Kakadu kann eine Katze schon schwer verletzen und umgekehrt“, gibt die Expertin zu bedenken: „Ein Restrisiko bleibt immer.“

Bevor Halter also verschiedenartige Schützlinge zusammen bringen, müssen sie die Gefahren einschätzen: Herrscht ein Ungleichgewicht an Waffen, ist Vorsicht geboten. Auch Größe und Gewicht sind zu berücksichtigen. Zudem zählt der Charakter jedes Einzelnen. Für rührende Tier-Szenen im Internet braucht es keine Manipulation. Der Tiercoach schränkt aber ein: „So häufig sind sie in Wirklichkeit nicht, das ist eine Verzerrung der Wahrheit.“

Kommentare