Spitäler und Arzneien kosten sinnlose Milliarden

Spitäler und Arzneien kosten sinnlose Milliarden
Eine Studie belegt: Die Österreicher kommen zu oft ins Krankenhaus und werden unnötig oft untersucht. Das ist teuer.

Wer unter Asthma oder an Bluthochdruck leidet, ist hierzulande nicht nur Patient. Er ist auch einer, der mit hoher Wahrscheinlichkeit im Spital – und sei es für einen Tag – landet. Ergebnis: Mit 26,5 Spitalsaufnahmen pro 100 Einwohnern und Jahr liegt Österreich im EU-Vergleich an der Spitze. Neben den genannten Beispielen gibt es ähnliche Trends bei Krankheiten des Muskel-Skelett- und des Bindegewebes und des Verdauungssystems, der Augen oder der Psyche.

Diese Fakten hat die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) in einer neuen Studie zusammengetragen. Die GÖG, Gesellschaft im Eigentum der Republik, hat die Gründe für die vielen Spitals­aufnahmen analysiert und Ziele definiert, um ihre Zahl zu senken. Allein das Vermeiden und Verringern der Spitalsaufenthalte brächte laut GÖG mittelfristig Einsparungen von 320 Millionen Euro. Voraussetzung dafür ist, dass die Versorgung in Tages- und Wochenkliniken sowie zu niedergelassenen Ärzten und Gruppenpraxen verlagert wird.

GÖG-Geschäftsführer Georg Ziniel: "Wir sind bei unserem Programm sehr stark von der Perspektive der Patienten ausgegangen. Was wir vorschlagen, dämpft die Kostendynamik, ohne dass Leistungen beschränkt werden müssen oder das Niveau der Qualität gesenkt wird."

Die GÖG hat Vorschläge erarbeitet, die die Umsetzung der Gesundheitsreform konkretisieren.

Vorschläge

Spitalsaufenthalte Nach definierten Diagnosen, einem Katalog ambulanter Leistungen und einem Aufnahme- und Entlassungsmanagement der Spitäler, das den Patienten zur richtigen Versorgungseinrichtung leitet, können pro Jahr von den 2,6 Millionen Aufenthalten 375.000 vermieden werden.

Chronisch Kranke In Österreich gibt es kein organisiertes Betreuungs-Management für chronische Krankheiten. Laut GÖG müssen deshalb Personen, die etwa an der Lungenkrankheit COPD leiden, doppelt so oft in einem Spital aufgenommen wie in Deutschland. Ähnliches gilt für Diabetes.

Doppelte Befunde Die Zahl an Mehrfach-Untersuchungen, die vor den rund 870.000 fix geplanten Operationen (neues Knie, Grauer Star, etc.) pro Jahr durchgeführt werden, schätzt die GÖG bei der Labordiagnostik auf 70 Prozent, bei EKG auf 50 Prozent und bei Lungenröntgen auf 80 Prozent. Durch bundesweite Leitlinien, an die sich alle halten müssen, sowie die Elektronische Gesundheitsakte könnte ein Großteil davon vermieden werden – mit einer Ersparnis von bis zu 30 Millionen Euro pro Jahr.

Reform: 1,3 Milliarden bis 2016

Prinzip Sozialversicherung, Länder und Bund entscheiden gemeinsam, wo Patienten am besten versorgt werden.

Ziel Künftig soll verstärkt in Tages- oder Wochenkliniken behandelt werden. Voraussetzung sind Leitlinien für Diagnosen und Behandlungsverläufe sowie ein Entlassungsmanagement, damit Nachbetreuung organisiert ist.

1,3 Milliarden Euro Alle Vorschläge der GÖG zu mehr Effizienz im System (in- und außerhalb der Spitäler) ergeben eine Kostendämpfung bis 2016 von 1,3 Milliarden Euro. Das entspricht dem Ziel der Regierung.

Neuer Chef will bei Gesundheitsreform mitreden

Das neue Präsidium der österreichischen Ärztekammer stattet Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) kommende Woche seinen Antrittsbesuch ab: Den Termin wird der neue Präsident Artur Wechselberger nutzen, um ein paar Forderungen zu deponieren.

Bis jetzt war die Ärztekammer weder in die Verhandlungen zur Gesundheitsreform noch in jene über die elektronische Gesundheitsakte (Elga) auf politischer Ebene eingebunden. Wechselberger will bei dem Treffen mit dem Minister nicht nur die Kritik der Kammer gegen Elga aufs Tapet bringen. Er wird auch verlangen, dass die Ärztekammer in die weiteren Verhandlungen der Gesundheitsreform einbezogen wird. Wechselberger: "Bisher hat es geheißen, die Ärztekammer hat da nichts zu suchen, weil es ein Thema der Zahler ist. Nachdem aber die Zahler gekreißt haben und etwas geboren wurde, spricht nichts mehr dagegen, dass auch die mitreden, die das umsetzen müssen."

Nach Auffassung Wechselbergers ruht die Gesundheitspolitik in Österreich. Die Gesundheitsreform gehe nicht davon aus, was die Menschen brauchten, um gesund zu bleiben oder gesund zu werden. "Man doktert am System herum, geht aber nicht von der Versorgung der Patienten aus." Generell werde die Reform die bereits bestehende Zwei-Klassen-Medizin verstärken.

Zu ELGA verlangt der neue Chef der Ärztekammer dreierlei: ELGA müsse auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beruhen, der Datenschutz müsse gewährleistet sein. Außerdem müsse das System praktikabel sein, sodass Zeit und Kosten gespart werden.

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