Dafür legten die Wissenschaftler die konservierten Tiere unter ein Spezialmikroskop. Durch 50.000-fache Vergrößerung konnten sie erstmals die Riechorgane genau identifizieren. „Wir haben auf den Beinen kleine Sensillen mit Poren gefunden“, sagt die deutsche Zoologin. Während früher vermutet wurde, dass diese haarähnlichen Sinnesorgane dem Tasten dienen, ist jetzt klar, dass tausende Wandporen in jeder Sensille Gerüche durchlassen.
Dort treffen sie auf eine Flüssigkeit. Denn die Beine sind innen – wie im Querschnitt zu sehen – keineswegs kompakt. Die Lymphe enthält schließlich Fortsätze von Nervenzellen.
Im Feldversuch konnten die Wissenschaftler darüber hinaus beobachten, wie die Männchen geradewegs zum nachgebauten Sexualduftstoff krabbelten. Im Labor reagierten die Rezeptoren ebenso empfindlich auf das künstliche Pheromon.
Nur die geschlechtsreifen Männchen haben Sensillen
„Wir haben die Sensillen mit den Poren in der Haarwand nur auf den Laufbeinen von fortpflanzungsfähigen Männchen gefunden“, spricht Uhl von einer Überraschung. Unreifen Männchen und Weibchen dagegen fehlt diese anatomische Voraussetzung, um den flüchtigen Lockstoff wahrzunehmen.
„Insekten riechen mit Sensillen“, weiß Peter Sziemer. Der freiberuflicher Biologe in Wien kennt die Spielarten der Natur – und des tierischen Geruchssinns. Er verweist zunächst auf Nachtfalter-Männchen. Diese steuern mit unzähligen Riechhaaren an ihren Antennen blindlings auf bis zu fünf Kilometer entfernte Weibchen zu.
Bei sozialen Insekten ist der Geruchssinn besonders gut ausgeprägt. Ameisen und Bienen etwa organisieren sich über Duftnoten und die „Nasen“ an den Fühlern im Staat. Ein Hauch von Aroma reicht.
Wirbeltiere müssen Gerüche inhalieren
Wirbeltiere dagegen müssen inhalieren, um Gerüche wahrzunehmen. „Viele Säuger haben nicht nur in der Nase Sensoren, sondern auch am Gaumen“, erklärt Sziemer. Erstmals wurde das „Jacobsonsche Organ“ im 17. Jahrhundert aber bei Schlangen beschrieben. Beim Züngeln bleiben Moleküle aus der Umgebung auf der Zunge kleben, die kleinen Einbuchtungen in der Mundhöhle leiten die Infos ans Gehirn weiter. Klapperschlangen nützen den olfaktorischen Verstärker, wenn die bereits gebissene Maus auf der Flucht Urin verliert. Gefundenes Fressen.
Igel, Hirsch und Ziegenbock nützen das Jacobsonsche Organ für die Partnersuche.
„Gerüche haben in der Natur verschiedenste Funktionen“, sagt der Zoologe und setzt mit der Abwehr vor Feinden fort. Kojote und Puma etwa vermeiden jede weitere Begegnung mit dem Stinktier.
Viele Tierarten kommunizieren über Düfte
Springböcke wiederum warnen Feind und Freund aromatisch. Die Botschaften aus den Drüsen am Rücken kommen an. Auch das Markieren des Reviers steckt Grenzen für Kontrahenten ab. Löwen z.B., die den Gebietsanspruch eines Artgenossen riechen, machen kehrt.
„Der Geruchssinn kann auch bei der Orientierung helfen“, sagt Sziemer. So prägen sich Brieftauben nicht nur Land-, sondern auch Duftmarken ein. Lachse schwimmen auf ihrem Weg zurück zum Laichplatz immer der Nase nach. Dabei ziehen sie Wasser ein, das eine Geruchskammer mit mehreren Millionen Nervenenden pro Quadratzentimeter durchfließt. Sziemer: „Es ist noch nicht restlos geklärt, ob die Fische ausschließlich über den Geruchssinn navigieren.“
Auch bei den Wespenspinnen gibt es noch offene Fragen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass nur ein Neuron von maximal vier Neuronen in den Sensillen der Männchen auf das weibliche Pheromon reagiert“, sagt Gabriele Uhl: „Wir gehen also davon aus, dass dieses Riechorgan noch weitere, bisher unbekannte Funktionen hat.“
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