„Trottel“, „Arschloch“, „Idiot“. Die drei häufigsten personenbezogenen Schimpfwörter der Wiener haben sich seit 18 Jahren nicht verändert. Damals hat Oksana Havryliv ihre erste Umfrage in der Hauptstadt durchgeführt. 2015 wiederholte sie den Feldversuch – mit dem gleichen Ergebnis wie damals. Bei situationsbezogenen Flüchen hält sich „Scheiße“ eisern an der Spitze.
„Wir Erwachsene sind beim Schimpfvokabular ziemlich konservativ“, hält die Sprachwissenschafterin (Universität Wien) fest. Das zeigte sich nach dem Terroranschlag 2020, als die kollektive Wut mit dem Ausruf „Schleich di, du Oaschloch!“ verarbeitet wurde. Darin kommt auch die im Wienerischen häufigste aggressive Aufforderung, „Schleich di“, vor. „Im Affekt greift man auf die häufigsten Schimpfwörter zurück“, erklärt Havryliv.
Apropos Wien und aggressive Aufforderungen: Für Aufsehen sorgte 2015 der Wahlslogan des SPÖ-Politikers Maximilian Zirkowitsch. Mit „Du Opfa, gib Stimme!“ warb er im 15. Bezirk um die Gunst der Wähler. Laut Havryliv „ein Versuch, die ‚Sprache des Volkes’ zu sprechen, in diesem Fall der jugendlichen Subkulturen“.
Geprägt wurde die Wiener Schimpfkultur durch das Jiddische. So lässt sich etwa die Herkunft der populären Beleidigung „Koffer“ (von „kafer“ = „Bauer/Dörfler“) erklären. Die vielleicht kreativste Form der Beschimpfung sind Verwünschungen, deren Ursprung ebenfalls im Jiddischen liegt. Unter Havrylivs Favoriten: „Du sollst Krätze am Arsch bekommen und zu kurze Hände zum Kratzen.“ Sowie: „Alle Zähne sollen dir ausfallen, bis auf einen, damit du weißt, wie sich Zahnschmerzen anfühlen.“
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