Neues Material für künstliche Blutgefäße

Verschlossene Blutgefäße werden meist mit einem Bypass aus Blutgefäßen von anderen Körperstellen umgangen. In Zukunft könnten vermehrt künstlich hergestellte Gefäße zum Einsatz kommen, die der Körper abbaut und durch eigenes Gewebe ersetzt.
Erfolg: Körper kann sie nach und nach mit körpereigenem Gewebe ersetzen.

Verschlossene Blutgefäße können sehr rasch gefährlich werden. Oft ist es notwendig, ein Blutgefäß zu ersetzen - entweder durch ein körpereigenes oder aber durch künstlich hergestellte Gefäßprothesen. Die Technische Universität Wien (TU Wien) und die Medizinische Universität Wien (MUW) entwickelten nun gemeinsam künstliche Blutgefäße aus einem speziellen Elastomer-Material, das ausgezeichnete mechanische Eigenschaften besitzt.

Zu den häufigsten Todesursachen in Industrienationen gehören arteriosklerotische Gefäßerkrankungen. Eine Bypass-Operation ist dann oft die einzige Lösung. Normalerweise entnimmt man dafür Blutgefäße des Patienten von anderen Körperstellen und setzt sie statt des geschädigten Blutgefäßes ein. Das gemeinsame Projekt von TU Wien und Medizinischer Universität Wien könnte jetzt dazu führen, dass in Zukunft auch künstlich hergestellte Gefäße vermehrt zum Einsatz kommen.

Bisher kaum passende Materialien

Entscheidend dabei ist, ein passendes Material zu finden. Die künstlichen Materialien, die man bisher verwendete, vertragen sich nicht optimal mit dem körpereigenen Gewebe. Es kann dann leicht zu einem Verschluss des Blutgefäßes kommen, besonders wenn der Durchmesser gering ist.

An der TU Wien wurden daher neue Polymere entwickelt. „Es handelt sich um sogenannte thermoplastische Polyurethane“, erklärt Robert Liska vom Institut für angewandte Synthesechemie der TU Wien. „Durch die Auswahl ganz bestimmter molekularer Bausteine gelang es uns, ein Polymer mit den gewünschten Eigenschaften zu synthetisieren.“

Feine Fäden

Zur Herstellung der Gefäßprothesen werden Polymerlösungen in einem elektrischen Feld zu sehr feinen Fäden gesponnen und auf eine Spule aufgewickelt. „Die Wand dieser künstlichen Blutgefäße ist natürlichen sehr ähnlich“, sagt Heinz Schima von der Medizinischen Universität Wien. Das Polymer-Gewebe ist leicht porös, daher sickert zunächst etwas Blut hindurch und reichert die Wand mit Wachstumsfaktoren an. Das begünstigt das Einwandern körpereigener Zellen.

Erfolg im Tierversuch

Im Rattenexperiment war die neue Methode bereits sehr erfolgreich. „Sechs Monate nach dem Einsetzen der Gefäßprothesen wurden die Blutgefäße der Ratten untersucht“, sagt Helga Bergmeister von der MedUni Wien. „Es waren weder Aneurysmen noch Thrombosen oder Entzündungen festzustellen. Körpereigene Zellen hatten die Gefäßprothese besiedelt und das künstliche Konstrukt zu körpereigenem Gewebe umgewandelt.“ Das Nachwachsen körpereigenen Gewebes verläuft sogar schneller als man erwartet hatte, daher soll nun die Abbaudauer der Kunststoffröhren noch verringert werden. Derzeit wird noch an weiteren Anpassungen des Materials gearbeitet.

Vom Austria Wirtschaftsservice (AWS) wurde das Projekt kürzlich mit einer PRIZE Prototypenförderung ausgezeichnet. Bis die künstlichen Blutgefäße bei Menschen eingesetzt werden können, sind noch weitere präklinische Versuche notwendig. Doch aufgrund der bisherigen Ergebnisse ist das Forscherteam sehr zuversichtlich, dass sich die neue Methode in einigen Jahren auch beim Einsatz im Menschen bewähren wird.

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