Moderne Medien sind besser als ihr Ruf

Moderne Medien sind besser als ihr Ruf
Meta-Studie zeigt, dass Computer und Internet weder krank noch einsam oder dumm machen.

Computer und Internet sind allgegenwärtig. Die digitalen Medien beherrschen den Alltag in Arbeitswelt wie Freizeit. Und zwar bei Jung bis Alt. Damit verbunden sind Befürchtungen, dass die intensive Nutzung nicht nur gute Seiten hat. Namhafte Wissenschaftler wie Hirnforscher Manfred Spitzer reden bereits von der „Digitalen Demenz“.

Experten aus Österreich und Deutschland sind nun der Frage nachgegangen, ob die modernen Medien tatsächlich dumm, aggressiv, krank und unglücklich machen. „Das Ziel unseres Beitrags ist es, populäre Thesen, wir nennen sie Mythen, zu den Auswirkungen des Internets auf den wissenschaftlichen Prüfstand zu stellen“, schreiben Univ.-Prof. Dr. Markus Appel vom Institut für Pädagogik und Psychologie an der Johannes Kepler Universität Linz und Dr. Psych. Constanze Schreiner von der Universität Koblenz-Landau in der "Psychologischen Rundschau". Zu diesem Zweck studierten sie eine Fülle an Einzelstudien aus verschiedenen Fachdisziplinen. Die Meta-Analyse soll „in diesem heiß debattierten Feld den Stand der empirischen Forschung explizieren“.

Status Quo

Die Wissenschaftler formulierten neun Mythen zur Wirkung von digitalen Medien näher und stellten den Themen Studienergebnisse gegenüber. Sie räumen ein, nicht alle Mythen berücksichtigt zu haben:

Mythos 1: Die Nutzung digitaler Medien reduziert soziale Interaktion. Fazit: Es gibt keine sicheren Belege für diese These.

Mythos 2: Computer und Internet verringern die gesellschaftliche Partizipation. Fazit: Die Auswertung der wissenschaftlichen Studien zeigte eher das Gegenteil.

Mythos 3: Die Internetnutzung fördert Einsamkeit. Fazit der Forscher: Im Mittel konnte kein Zusammenhang zwischen intensivem Medienkonsum und dem drückenden Gefühl des Alleine-Seins festgestellt werden.

Mythos 4: Digitale Mediennutzung verringert das Wohlbefinden. Fazit: Auch dafür gab es kaum Nachweise – ebenso wenig wie für eine Korrelation mit Depression.

Mythos 5: Bildschirmmedien sind Schuld am zunehmenden Übergewicht. Fazit: Es fehlen Belege dafür, dass Fernsehen fett macht.

Mythos 6: Lernen am Computer? Fazit: Die Effektivität von computer- und internetbasierten Lerneinheiten ist von Inhalt und Didaktik abhängig.

Mythos 7: Computerbasierte Lernspiele sind wirkungslos. Fazit: Laut Studien ist das Gegenteil der Fall: Computerspiele sind durchaus effizient.

Mythos 8: Digitale Medien reduzieren schriftsprachliche Kompetenzen. Fazit: In Hinblick auf die Textqualität und -quantität ist das Schreiben am Computer sogar vorteilhaft.

Mythos 9: Gewalthaltige Computerspiele machen aggressiv. Fazit: Einschlägige Spiele führen zu aggressiverem Erleben und Verhalten. Die Effekte sind allerdings klein.

Resume

"Die alarmistischen Thesen von Spitzer und Co. haben wenig mit dem wissenschaftlichen Kenntnisstand zu tun", fasst Univ.-Prof. Appel die Ergebnisse der Meta-Analyse zusammen. Nach Ansicht der Studienautoren verschleierten die nicht sachgemäßen Thesen zu den Auswirkungen von Internetnutzung den Blick für die Herausforderungen, die mit einer Verbreitung von Computer und Internet im Alltag verbunden sind. Der Wissenschaftler befürchtet, dass nicht zuletzt Eltern und Lehrer fehl informiert und damit fehlgeleitet werden. „Wichtig erscheint mir, dass Erziehungspersonen die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen nicht von Vorne herein verteufeln, denn dann wird es schwer, ein kompetenter Gesprächspartner in Sachen Internet zu sein.“

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